Hasenklage
Der Landwirt sagt: Es ist ein kaltes Frühjahr. Ich nehme mehr Folie, um die Böden zu erwärmen. Dann kann ich den Spargel früher ernten und erziele höhere Preise. Durch den Einsatz von Vliesen und Folien habe ich Einfluss auf den Ernteverlauf und die Preise. Das gibt Sicherheit. Ich biete Arbeit für zahlreiche Landarbeiter. Ich schone Ressourcen, ich erzeuge regional. Das gibt mir ein gutes Gefühl. Im Dorfladen kann ich vieles anbieten. Die Menschen haben kurze Wege. Auch die alten.
Der Hase sagt: Wo soll ich wohnen?
Der Landwirt sagt: Geht in die Fläche gegenüber des Spöcker Weges. Dort gibt es Wiesen und den Waldrand. Oder geht in die Wiese beim Sportplatzweg.
Der Hase sagt: Die Fläche gegenüber des Spöcker Weges gibt Bauland, die Wiese beim Sportplatzweg ist Hundeklo. Früher gab es kein Plastik auf den Feldern. Es gab mehr Hecken, Wiesen und Knicks. Dann kamen die Betriebswirtschaftler und haben die Flurbereinigung erfunden. Und unser Lebensraum wurde immer kleiner. In der aktuellen Hasen BNN steht, dass die Landwirte jetzt Geld erhalten, wenn sie wieder Ackerrandstreifen für Rebhuhn und Co. anlegen, die sie seiner Zeit entfernt haben. Logisch?
Der Gemeinderat sagt: Wir müssen Bauland ausweisen, damit unsere Kinder und Enkel auch die Möglichkeit haben lebenswerten Wohnraum zu erhalten. Als Ausgleichsmaßnahme bauen wir eine Wildbrücke, damit die Hasen darüber entkommen können. Oder wir machen im Bürgerpark eine Hasenauffangstation, falls die Strommasten nicht wegkommen.
Der Spaziergänger sagt: Schaut mal, dort liegt noch Schnee. Aber nein, es ist doch Frühling, das kann nicht sein? Plastik bis zum Horizont? Wollten wir nicht Plastik fasten? Wir müssen heute noch Oma besuchen. Sie wohnt schon so lange alleine in ihrem großen Haus.
Der Hase sagt zur Häsin: Komm, wir gehen ins Wirtshaus und lassen uns auf die Speisekarte setzen. Unsere Kinder geben wir ins Museum.
Die Oma sagt: Schön, dass ihr mich besucht. Es ist Frühling und ich würde so gerne wieder einmal heimischen Spargel essen. Vorher schauen wir uns das Neubaugebiet an. Ach, wenn es dort ein Mehrgenerationenhaus gebe, bezahlbare Wohnungen für meine Freundinnen, die nicht so viel Rente haben. Dann noch ein kleines Café. Dann könnte ich vom Wohnzimmer die Hasen am Waldrand beobachten.
Der Sohn des Bewohners im fertig gestellten Neubaugebiet sagt: Papa, was ist ein Hase? Ich soll bis Mittwoch in der Schule eine Beschreibung abgeben.
Papa sagt: Komm wir gehen ins Museum. Dort gibt es ausgestopfte. Also fuhren Sie ins Museum. Natürlich mit dem Elektroauto. Einem 600 PS Porsche.
Oma sagt: Schaut mal, auf der Speisekarte gibt es regionalen Hasenbraten.
Der Sohn sagt: Ich wusste gar nicht, dass es hier noch Hasen gibt?
Ziemlich überspitzt? Diese Geschichte ist nur fast erfunden. „Den Schuldigen“ kann ich nicht bestimmen. Bieten wir unseren Landwirten faire Bedingungen? Bieten wir den Neubürgern faire Baugebiete? Bieten wir der Natur einen fairen Ausgleich? Müssen wir alles mittragen? Müssen wir alles in Geld bewerten? Ethik, Moral, Verantwortung. Nur Fremdworte? Es gibt höhere Ziele.
Geben wir uns mit diesen Umständen zufrieden? Wenn wir nicht beginnen unser Verhalten und unsere Vorgehensweisen zu ändern, werden nicht nur die Hasen verschwinden.
Ralf Schreck – hat für vieles eine Erklärung aber Lösungen können wir nur alle gemeinsam finden.