Draußen im Rheinwald

Vielfalt

Samstag früh im Rheinwald. Das Wetter nasskalt. Lukas und ich waren mit unserer Fotoausrüstung zeitig an einem unserer Ansitzplätze, wie so oft an einem Wochenende. Zum Beobachten und um die heimische Natur zu genießen. Doch heute war es anders, wir waren nicht alleine. Wir wurden eingeladen zur jährlichen Treibjagd. Das heißt, die Film AG fragte an, ob wir kommen dürfen und wir wurden freundlich empfangen. Ein Jäger war an diesem ereignisreichen Tag unser Begleiter und Pate. Ausgangspunkt war die Halle am Baggersee im Hopfengarten Leopoldshafen. Jäger und Treiber betreten die Halle. Man kennt sich und begrüßt sich herzlich, von Beginn an eine angenehme Stimmung unter den etwa 80 Beteiligten.

Vor der Jagd stehen jede Menge Logistik und Organisation. Im Vorfeld wird das Gelände erkundet und die Jagdstände festgelegt, damit eine akkurate Einteilung der Jäger und Treiber stattfinden kann. Öffentliche Straßen und Waldwege werden mit Hinweisschildern zur Jagd versehen. Sicherheit wird groß geschrieben, denn es wird scharf geschossen. Die Jagdleitung registriert die Jäger unter Vorlage der entsprechenden Papiere und gibt konkrete Anweisungen, was und wie gejagt wird. Man spürt die große Verantwortung, die die Teilnehmer auf sich genommen haben. Alles läuft in Ruhe und geordnet ab. Das beeindruckt. Und wir beide als „Außenseiter“, als Beobachter, waren sofort akzeptiert.

Jäger bekommen oft Schelte. „Warum schießt ihr Rehe tot?“ heißt es oder „Warum füttert ihr Wildschweine?” Vor einem Urteil sollte stets Information und Bildung stehen. Was machen Jäger? Tiere zu schießen ist nur ein Teil ihrer Arbeit. Wildschadensbegrenzung ist auch die Anlage von Wildäckern im Wald oder die Aufstellung mobiler Zäune, um das Wild zu leiten. Es lohnt sich im Internet über Jagd zu stöbern und nachzulesen, was z. B. Waidgerechtigkeit bedeutet. Wir leben in einer Kulturlandschaft, deshalb brauchen wir unsere Jäger. Vermaisung der Landwirtschaft! Ein Paradies für Wildschweine! Sind daran die Jäger schuld? Es steckt mehr dahinter und es geht alle an.

Jagd muss man wollen und können. Jäger töten. Sechzehn Rehe, acht Wildschweine, zwei Füchse und drei Nutria wurden zur Strecke gebracht. Von Mordlust keine Spur. Am Ende des Tages würdigen die Jagdhornbläser das erlegte Wild durch das so genannte Verblasen. Man hält inne. Das beeindruckt ebenfalls. Welcher Metzger macht das? Das Wild wird zerwirkt. Es geht blutig zu. Es ist eine Notwendigkeit, denn das Fleisch wird verwertet. Das machen Metzger auch. Dieses Wild kommt aus reiner Freilandhaltung und hatte einen schnellen Tod. Reines Biofleisch. Kein wertloses Massenprodukt.

Auch die Hunde beeindruckten. Sie hören aufs Kommando, auch ohne Leine. Wer kann das von seinem Hund behaupten? Die Treiber wurden klitschnass. Ein Murren hörte man nicht. In den Pausen konnte man sich aufwärmen und es gab reichlich Vesper, vorbereitet von den Jägerfrauen. Beim Schüsseltreiben mit Wildschweingulasch wurde dieser Tag beendet. Man liest wenig von unseren Jägern im Amtsblatt. Dabei wissen sie so viel über Natur und kennen Wald und Flur wie kein anderer. Die Agenda Gruppe Umwelt organisierte 2015 ein öffentliches Treffen mit unserer Jägerschaft. Das war informativ und aufschlussreich. Vielleicht lässt sich das wiederholen? Beim jährlichen Waldbegang sind sie ebenfalls dabei. Zu unserer Vielfalt in der Gemeinde gehören die Jäger, auch wenn sie in der Öffentlichkeit zurück haltend sind.

Ach ja, Fotos haben wir auch gemacht, ich habe ein paar fliehende, unscharfe Rehe. Aber das ist nicht tragisch. Die heutigen Erlebnisse und Erkenntnisse zählen mehr.

Lukas und Ralf Schreck – Film AG und Naturfreunde