Clematis im Naturgarten

Clematis im Naturgarten? – Für die Gärtnerin

Geht das überhaupt? Denn die meisten Waldreben sind empfindliche Pfleglinge. Unser Garten ist ein echter „Faulenzergarten“, d.h. er erfährt heute eine Minimalpflege. Früher war das anders, früher hatten wir auch auf unseren 300 Quadratmetern Kleingarten 80 verschiedene Clematis in Arten und Sorten. Um dieses umfangreiche Sortiment aufrecht zu erhalten waren intensive gartenbauliche Maßnahmen wie regelmäßiges Wässern, Einsatz von Pflanzenschutz, Verabreichung von Düngemitteln und regelmäßige Kontrollgänge erforderlich. Dies wollte ich einiges Tages nicht mehr hinnehmen und seit vielen Jahren bewirtschaften wir den Garten nur noch naturnah, also im Einklang mit der Natur. Und das hatte natürlich Einfluss auf den Verbleib unserer Clematis.

Eigentlich wollte ich dies der Gärtnerin schon seit langem mitteilen aber es kamen immer andere Dinge dazwischen. Es war schon eine schöne Zeit mit dem Besuch vieler botanischer Gärten, der Jagd nach neuen Arten und Sorten, dem Austausch mit anderen Clematis Liebhabern. Für einige Jahre war ich auch einmal Vice President der International Clematis Society, bis ich das Gefühl bekam unser Gartentun befindet sich in einer Sackgasse und es ist Zeit für Veränderung.

Natur habe ich schon immer gerne beobachtet. Und je genauer man hinsieht, desto besser erkennt man die natürlichen Zusammenhänge. Desto besser versteht man das Leben. Dann kann man seine Pflanzen, bzw. die einzelnen Bereiche im Garten ohne großen Aufwand leiten und erhält ein Maximum an Freude und Genugtuung. Schon Friedrich von Schiller sagte „Der gebildete Mensch macht sich die Natur zu seinem Freund“. Es gibt mehr als Pflanzen in unserem Garten. Da sind die Igel, die unter der Eibe wohnen, die Eidechsen, die unser Sandbiotop angenommen haben, die Hirschkäfer, die jedes Jahr dem Totholz entschlüpfen. Die Schmetterlinge, die wir mit dem Tagfalter Monitoring erfassen. Die vielen Vögel, die in unserem Dickicht ihre Jungen aufziehen. Und und und. Der Garten als Inspiration, als Raum zur persönlichen Weiterentwicklung.

Und die Clematis? Es gibt noch welche. Survival of the fittest war angesagt. Der Garten als Freilandlabor. Die besten sind Cl. `Paul Farges´, ein unermüdlicher weißer Dauerblüher. Schon der „Clematis Klaus“ aus Veitshöchheim beschreibt `Paul Farges´ „als wahren Büffel“. Und recht hat er, stark wüchsig, erklimmt jedes Jahr ihr „Spinnenspalier“. Cl. recta (aufrechte Waldrebe) ist ein weiterer Favorit. Halbstrauchig und nicht kletternd. Fühlt sich bei uns so wohl, dass sie sich im Garten aussät. Clematis x jouiniana `Praecox´ ist ebenfalls unverwüstlich. Trotz regelmäßigen Schneckenbefalls setzt sie sich erfolgreich durch. Cl. `Perle d`Azur´ schiebt sich fast jedes Jahr aus dem Dickicht und erklimmt ihr zugeteiltes Gastgehölz, einen Hibiscus syriacus. Von den vielen großblumigen Hybriden sind viele verschwunden, alle paar Jahre taucht dann Mal wieder eine aus der Versenkung auf, zeigt dann drei, vier Blüten, um danach dann wieder zu verschwinden. Cl. `Orange Peel´ (oder ist es eine `Sheriffii´?), auch eine kräftig wachsende und sehr reich blühende gelbe, dick blütige und noch wilde Clematis. Dieses Jahr habe ich sie allerdings noch nicht bemerkt. Und natürlich die Viticellas! Die vermehren sich ebenfalls selbständig im Garten und sind jedes Jahr eine Pracht. Cl. `Etoile Violette´ ist ebenfalls nicht zickig und dieses Jahr konnte ich unsere vergessene Cl. `Little Nell´ wieder begrüßen. Was ich am meisten beeindruckt, ist, dass uns eine Texensis Hybride, nämlich Cl. `Duchess of Albany´ schon seit vielen Jahrzehnten mit ihren roten Blüten erfreut. Vor vier Wochen bekam der Haupttrieb die Welke, ein anderer Zweig hat sich jedoch tapfer gehalten und zeigt seine tollen Blüten. Cl. intricata, eine unscheinbare gelbliche und kleinblütige Waldrebe ist ebenfalls ein Renner. Cl. Integrifolia (Ganzblättrige Clematis), halbstrauchig wachsend hält sich ebenfalls tapfer. Auch eine Cl. `New Love´, wieder eine strauchige und nicht kletternde Clematis kommt mit unserer „Minimalpflege“ gut klar. Diese besteht lediglich aus Schnittmaßnahmen. Sonst nichts. Kein Düngen, kein Wässern, kein Schneckenkorn, kein Schnecken ablesen, kein sonst nichts.

Wer sich ein bisschen mit Gartenbau auskennt, der kann die folgenden Bilder interpretieren. Der erkennt welche Leidenschaften in die Clematis geflossen sind. Alle Bilder stammen aus unserem Garten. Wer viele Clematis sehen will, der sollte unbedingt nach Veitshöchheim gehen und dort die wohl größte und schönste Clematis Sammlung Deutschlands besuchen. Dort trifft man dann auch den „Clematis Klaus“. Und wer den “Grünen Anzeiger” abonniert, der erfährt informative Themen über Pflanzen, Gartenbau und wichtige Termine für Garten Freunde.

Unser Garten ist ebenfalls zu besichtigen. Wir stehen sogar im Garten Reiseführer von Ronald Clark. Aber es kam noch niemand …

Ralf Schreck – Clematis Freund

 

 

 

Jahreszeiten

Jahreszeiten im Garten

Der Blick fällt auf unseren Bienenbeobachtungsstand und den vorderen Bereich des Gartens. Die Kamera hat 365 Tage lang versucht die einzigartigen Stimmungen einzufangen. Live ist es noch schöner. Der kalte Wind im Winter, die kurzen Tage am Ende des Jahres, die Vorfreude auf den Frühling, das erste Grün, der Ruf des Zaunkönigs, die ersten Blüten, heiße Sommertage, buntes Herbstlaub …

Nur wer selbst einmal einen Garten erlebt hat, kann das verstehen. Es ist mehr als eine Zusammenstellung von Gewächsen. Es ist das Zusammenspiel von Pflanzen, Tieren und dem Gärtner. Ein Geben und Nehmen. Das Leben eben.

 

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