Die Wiese unterhalb des Friedhofes Leopoldshafen

Die Wegwarten Wiese unterhalb des Friedhofs Leopoldshafen

Dasypoda hirtipes liebt Wegwarten. Die Braunbürstige Hosenbiene ist eine Spezialistin in Bezug auf ihr Nistverhalten, als auch in Bezug auf den von ihr bevorzugten Pollen. Für die Aufzucht ihrer Nachkommen benötigt sie Pflanzenarten der Gattung Korbblütler (Asteraceen), sowie einen sandigen Boden zum Anlegen ihrer Nester. Beide Faktoren haben wir in Leo. Die kleine Wiese unterhalb des Friedhofes ist ein schöner Wegwarten Standort. Die nähere Umgebung mit sandigen Hängen bietet ideale Nistmöglichkeiten.

Wildbienen sind für Ungeübte schwer zu bestimmen, die Hosenbienen kann man allerdings an den blühenden Wegwarten gut ansprechen. Wegwarten öffnen ihre Blüten am frühen Morgen und sind am Mittag bereits wieder geschlossen. Auf diese Eigenheit haben sich die Hosenbienen eingestellt, denn sie haben große Beinbürsten, an denen sie den geernteten Pollen transportieren. Das hat den Vorteil, dass sie innerhalb der zur Verfügung stehenden Sammelzeit genügend Pollen und Nektar eintragen und der Energieeinsatz für Transportflüge überschaubar bleibt.

Selten sind diese auffälligen Wildbienen, denn passende Nistplätze und Nahrungsquellen dürfen nicht zu weit auseinander liegen. Wir können uns glücklich schätzen, dass wir beide Faktoren haben. Auch bei unseren historischen Waschplätzen blühen derzeit die Wegwarten und dort kann man die Bienen ebenfalls beobachten. Um diese Wildbienenart zu fördern dürfen wir diese Bereiche nicht zu früh abmähen. Auch Hundefreunde sollten sich etwas zurücknehmen und die Hinterlassenschaften ihrer Schützlinge in die dafür vorgesehenen Behältnisse zu entsorgen. Für Fotografen ist es eine Herausforderung diese schönen Insekten in Action zu fotografieren. Und es ist schlicht eine Sauerei ständig diesen Haufen ausweichen zu müssen. Auch ist für mich nicht nachvollziehbar, dass man den Bereich direkt am Friedhofszaun als Hundeklo degradiert. Innerhalb stehen Angehörige an den Rasengräbern und gedenken der Verstorbenen, beim Aufblicken schaut man außerhalb in die Exkremente von Hunden schlecht erzogener Hundefreunde.

Bienenschutz durch adäquate Grünpflege. Dazu noch kostenneutral. Das könnte man doch in unser „Grünes Buch“ aufnehmen? Bald blüht bei uns der Rainfarn, Tanacetum vulgare. Dort kann man die seltene Rainfarn Seidenbiene beobachten. Colletes similis ist dann bei uns ebenfalls anzutreffen? Man kann sie mit der Gemeinen Seidenbiene, Colletes daviesanus verwechseln, die man ebenfalls auf Rainfarn antrifft. Wir werden sehen.

Ralf Schreck – Wildbienen Freund

 

Die Blumenwiese am alten Rathaus Leopoldshafen

Die Wiese beim Rathaus Leopoldshafen – die andere Wiese

Der Lebensraum Wiese ist umso artenreicher, je nährstoffärmer der Untergrund ist. Das hat mit dem unterschiedlichen Konkurrenzverhalten der Kräuter zu tun. Ein Spielrasen ist im Grunde genommen ebenfalls eine Wiese, die durch vielmaligen Schnitt und planmäßigen Düngegaben nur Gräser fördert. Was wir im Hausgarten haben wollen ist für unsere Insektenwelt abträglich. Das Geheimnis einer funktionierenden artenreichen Wiese, die attraktiv für Kleintiere ist, ist Nährstoffarmut, weniges Mähen, sowie das Abräumen des Schnittgutes nach dem Aussamen. Einen solchen Lebensraum finden wir auf der zweiten „Wiesen Projektfläche“ der Agenda Gruppe Umwelt beim ehemaligen Rathaus in Leopoldshafen.

Fünffingerkraut (Potentilla), Gänseblümchen (Bellis perennis), Gewöhnlicher Reiherschnabel (Erodium cicutarium), Hahnenfuß (Ranunculus), Horn Sauerklee (Oxalis corniculata), Sauerampfer (Rumex), Spitzwegerich (Plantago), Weicher Storchschnabel (Geranium molle), Weißer Klee (Trifolium repens), Hirtentäschel (Capsella bursa-pastoris), Hopfenklee (Medicago lupulina), Kleines Habichtskraut (Hieracium pilosella), Feinstrahl (Erigeron annuus), Klatschmohn (Papaver rhoeas), Malve (Malva moschata), Schafgarbe (Achillea millefolium), Nachtkerze (Oenothera biennis), Wegwarte (Cichorium intybus), Feldrittersporn (Consolida regalis), Graukresse (Berteroa incana), Zaunwinde (Calystegia sepium), Königskerze (Verbascum densiflorum), Johanniskraut (Hypericum perforatum), Kanadisches Berufkraut (Conyza canadensis). Das sind 24 Pflanzenarten, die wir bisher von Mai bis Ende Juli in dieser Wiese bestimmt haben. Es sind heimische Pflanzen, die nicht nur Nahrung, sondern auch Lebensraum für Kleintiere wie Insekten sind. Die Fluginsekten nähren sich vom Nektar und Blütenstaub, die Larven, Raupen und anderen Insekten Vorstufen vom Laub, Samen, Pflanzensaft, von anderen Insekten, usw. In einer artenreichen Pflanzen- und Tiergesellschaft existiert ein ständiges Geben und Nehmen. Raupen fressen Blätter, Wespen fangen Raupen und füttern damit ihre Brut. Es gibt Spieler und Gegenspieler. In einer solchen Gesellschaft wird sich immer ein Gleichgewicht einstellen, wenn wir das nicht stören. Natur sieht Vielfalt vor. Da können wir von lernen.

Es gibt dort Wildbienen, Hummeln, Fliegen, Wanzen, Libellen, Käfer, Ameisen, Schmetterlinge und andere. Man beobachtet auch Vögel, die sich an den Samen laben. Im Hochsommer könnte man diese Fläche als ungepflegten Unkrauthaufen bezeichnen. Aber das machen nur die, die die Zusammenhänge einer Wiesengesellschaft nicht erkennen. Deshalb ist es erforderlich zu informieren.

Mit einem durchdachten Pflegemanagement können wir Insekten fördern, ohne dass hierfür Kosten entstehen. Wäre das nicht eine vorbildliche Chance, die wir weiter ausbauen sollten? Neugierde ist eine Antriebsfeder der Menschheit. Und ich kann sagen, dass es sehr viel Spaß macht Umwelt und Naturzusammenhänge zu beobachten und zu analysieren. Mit etwas Interesse und Bereitschaft sich auf Unbekanntes einzulassen kommt man letztendlich zum Ergebnis, dass wir etwas gegen das Bienensterben unternehmen sollten. Honig bekommen wir nicht aus dem 3D-Drucker.

Wiese im Bürgerpark, Wiese am alten Rathaus. Buntes Blühen im Bürgerpark, trockenes Gestrüpp beim Rathaus. Die heimischen Rathaus Wiesenpflanzen sind allesamt auch Nahrungspflanzen für Schmetterlinge. Das lange und bunte Blühen im Bürgerpark liefert „nur“ Nahrung für Blütenbesucher. Wofür entscheiden wir uns? Für welche Vielfalt entscheiden wir uns? Es gibt viele Wege, die zum Ziel führen. Können und wollen wir diese Thematik auch akzeptieren?

Ralf Schreck – Freund des „einfach mal wachsen lassens“

 

Beobachtungen am Dachsbau

Die geheime Stadt im Wald

Die Beobachtungsgebiete unserer heimischen Auen bieten schier unerschöpfliche Entdeckungsmöglichkeiten. Bei jeder Begehung gibt es neue Funde und Erkenntnisse. Da wir hauptsächlich zu Tagzeiten unterwegs sind erhob sich uns schnell die Frage was sich eigentlich draußen in der Nacht abspielt? Die Idee sich eine Wildbeobachtungskamera zu besorgen war schnell gefasst, als uns Edwin in seinem Revier im vergangenen Jahr einen uralten und befahrenen Dachsbau zeigte. Gesagt, getan. Mit seinem Wissen deponierten wir eine  Sensor gesteuerte Kamera an einem Baum im Dickicht. An dieser Stelle gibt es keine öffentlichen Pfade oder Wege, es besteht keine Gefahr, dass Menschen aufgenommen werden, zudem ist die Kamera „tiergerecht“ nach unten ausgerichtet, sodass eventuelle Waldläufer nur bis zur Hüfte aufgenommen werden.

Dieser Dachsbau befindet sich in einem fast undurchdringlichen Waldstück, welches mehrere Hundert Meter lang aber nur fünfzig Meter breit ist. Im Norden grenzt es an einen Hochwasserdamm, im Süden an einen Acker. Obwohl dieser Streifen so schmal ist, spielt sich darin reiches Leben ab, welches durch die Kameraaufnahmen dokumentiert wird. Es ist eine regelrechte Wildstraße, ein Wechsel, den viele Tierarten nutzen. Ein fast unberührtes Gebiet mit Sträuchern und Bäumen, Dickungen mit viel Totholz. Ein Refugium für viele Pflanzen und Tiere, ein wertvolles Waldbiotop eben. Und dabei ist es keinen Kilometer vom Ortsrand entfernt.

Die Fotos liefern die Beweise über den Tierartenbestand. Interessanter jedoch sind die Videoclips, die die Tiere in ihrem natürlichen Verhalten zeigen. Die Dachse markieren am Beobachtungsplatz ihr Revier und das wiederum lässt Rehwild, Fuchs, Marder und Waschbär vorbeischauen. Sie nehmen diese Witterung auf und setzen eigene Duftmarken. Jetzt im Frühling kommt ein Rehbock vorbei und setzt seine persönliches Parfüm durch das sogenannte Stirnlockreiben des Kopfes am Strauch ab. Er hat zwischen den Rosenstöcken (an der Basis seines Gehörns) eine Sekret haltige Stirndrüse. Auch das Scharren der Beine lässt sich beobachten. Rehe haben neben den Laufbürsten an den Hinterläufen zusätzliche Duftdrüsen zwischen den Schalen, die wie Erstere der Fährtenmarkierung und Verständigung dienen. Beim Scharren wird Bodenbewuchs und Laub durch die Luft gewirbelt. Am nächsten Tag kam eine Ricke vorbei und nahm sichtlich erfreut die Duftspuren des Bockes auf.

An den umgefallenen Stämmen landen Bunt-, Grün- und Schwarzspecht, um am Totholz nach Insekten zu suchen. Amseln, Ringeltauben und andere Vögel gesellen sich hinzu. Ob ein Dachsbau befahren ist erkennt man am frisch ausgeworfenen Untergrund. Vergangenes Jahr war dies am Standort so, jetzt sind die Ein-, und Ausgänge mit Laub bedeckt und ohne Grabspuren. Die Dachse sind jedoch in der Nähe, denn sie passieren den Platz. Ein solch alter Dachsbau ist ein riesiges Labyrinth, welches ständig ausgebaut und erweitert wird. Auch Fuchs und Waschbär nutzen die vom Dachs nicht mehr bewohnten Höhlen. Während der Dachs seinen Kessel mit Laub und Moos polstert, macht dies der Fuchs nicht.

Unsere Gemeinde hat sich ein Waldleitbild auferlegt. Es ist Eine Vision für den Eggenstein-Leopoldshafener Wald und besagt: Der Wald in Eggenstein-Leopoldshafen ist ein Wald mit höchstmöglichem gesellschaftlichen Nutzen, reicher ökologischer Ausstattung und wertvollem Waldvermögen. Die Bewirtschaftung erfolgt pfleglich, verbessert stetig den Waldzustand, erfolgt wirtschaftlich, möglichst unmerklich und konfliktfrei.

Die ökologische Vielfalt habe ich dokumentiert. Die nachhaltige und zukunftsweisende Bewirtschaftung des Gemeindewaldes der vergangenen zehn Jahre wurde in der vergangenen Gemeinderatssitzung vom 25.04.2017 vom Forsteinrichter beurteilt und für gut befunden. Und das haben wir unserem Revierförster zu verdanken. Unser Wald, von vielen genutzt in vielfältiger Art und Weise. Schade nur, dass sich bei einem solch wichtigen Thema so wenige interessierte Bürger in einer Gemeinderatssitzung einfinden.

Zurück zum Dachswald. Menschen sollen draußen bleiben, um das Wild nicht zu vergrämen. Unser Aufenthalt beschränkt sich auf den Tausch der Akkus und Speicherkarten und dauert keine zehn Minuten. Die dort heimischen Zecken verkürzen die Bleibe ohnehin.

Ebenso wertvoll wie der Wald ist die vorgelagerte Wiese. Auf den blühenden Wildkräutern finden sich Bienen, Hummeln und andere Insekten ein. Die dick bepelzten Hummeln fliegen bereits bei Temperaturen, bei denen sich Honigbienen wegen der Kühle noch nicht aus dem Stock wagen. Am Ehrenpreis kann man jetzt die Hummelschweber beobachten. Wie kleine Hubschrauber schweben sie von Blüte zu Blüte. Wenn es Hummelschweber gibt, gibt es auch Wildbienen. Denn diese Schweber sind die Gegenspieler bestimmter Sandbienenarten. Sie parasitieren diese, indem sie im Fluge einzelne Eier an die Öffnungen der Sandbienenbaue abwerfen. Die daraus schlüpfenden Larven kriechen dann in die Bauten und folgen ihrem Instinkt. Geübte Naturfreunde können das beobachten.

Natur kann so spannend sein wenn wir sie achten und schützen.

Danke an Friedhelm für seine zukunftsweisende Arbeit im Wald und seine Inspirationen für vergangene und künftige Naturprojekte in unserer Gemeinde.

 

Ralf Schreck – Waldfreund und Reh Versteher

 

Die Beobachtungskamera ist eine Wild Vision Full HD 5.0.