Vespa velutina nigrithorax

Vespa velutina oder die Bewahrung der Schöpfung

Naturfreunde haben ein Auge für Besonderes. Das Auge ist geschult für Neues. So wie ich auf Anhieb den Uwe in einer vollbesetzten Straßenbahn entdecke, erkenne ich vorbeifliegende Insekten. Nicht alle aber die meisten. Am 8. Mai entdeckte ich so eine Königin der Vespa velutina. Sie landete auf einer Blüte der Ilex aquifolium (Stechpalme), um sich zu laben. Sie entfernte sich danach, um etwa alle zwanzig Minuten wieder zu kommen. Jedes Mal flog sie in dieselbe Richtung ab und mein Blick versuchte diesem Flug zu folgen. Dies gelang mir und ich entdeckte das Gründungsnest der Asiatischen Hornisse am mittleren Dachbalken unseres Arbeitsfolienhauses.

Welch ein Glück, eine solche Entdeckung zu machen! Allerdings war mir auch bewusst, dass dieses Nest zum Scheitern verurteilt war, da die zu erwartenden Temperaturen im Gewächshaus früher oder später das Ende bedeuten würden. Selbst die Wärme liebenden Feldwespen hatten dort noch nie Erfolg ein Nest zum Abschluss zu bringen. Das aufgestellte Thermometer zeigte an einem Tag 55,2 Grad und am 31. Mai war alles vorbei.

Die asiatische Hornisse profitiert von der Klimaerwärmung, auch wenn es ihr im Gewächshaus zu heiß war. Sie stammt aus Südostasien und ist in der Unterart Vespa velutina nigrithorax über Südwestfrankreich nach Deutschland eingewandert. Im Stadt- und Landkreis Karlsruhe wurden bereits mehrere Nester entdeckt und wo möglich auch entfernt. Entfernt? Jawohl entfernt, denn die Asiatische Hornisse wurde zur invasiven Art erklärt, weil sie unseren Honigbienen nachstellt.

Ist das so? Bringt sie unsere Honigbienen an den Rand der Ausrottung? Was ist mit der Varroa Milbe, die den Bienen zusetzt? Was ist mit Landschaftsversiegelung, Einsatz von Pestiziden in der industrialisierten Landwirtschaft, verschotterten Vorgärten, fehlenden Blühstreifen? Weshalb steht der Kalikokrebs nicht auf dieser Liste?

Tatsache ist, dass die „invasive“ Hornisse eine viel größere Vermehrungsrate hat, als die heimische und sich weiter ausbreiten wird. Die frei hängenden Nester in großen Höhen der Baumkronen werden spät entdeckt und sind gut gegen widrige Temperaturen isoliert. Bis eine Bergung und Bekämpfung stattfindet, sind die Geschlechtstiere oft schon abgeflogen. Einerseits haben wir ein Insektensterben, andererseits wollen wir weder Schnaken, Maikäfer oder Wespen. Honigbienen sind überzüchtete Haustiere, denen Wildeigenschaften abhandengekommen sind. Mit welchem Maßstab betrachten wir die Thematik? Wir streben nach Globalisierung und sprechen dies bestimmten Tier- und Pflanzenarten ab. Ochsenfrosch und Goldrute lassen grüßen. Wir haben ein Gülleproblem und akzeptieren Massentierhaltung. Wir wollen keine geschredderten Küken aber akzeptieren Massentierhaltung. Bundespolitiker fordern zur Schnakenbekämpfung Bundeswehr, Technisches Hilfswerk und Feuerwehr an aber wir haben ein Insektenssterben.

Das Phänomen Vespa velutina nigrithorax wird wissenschaftlich begleitet. Und das ist gut so. Die Wissenschaft ist unbestechlich und untersucht die Dinge mit der erforderlichen Sachlichkeit. Warten wir ab, bis bestätigte Ergebnisse vorliegen. Hören wir auf die Wissenschaft.

Bedanken möchte ich mich bei Dr. Manfred Verhaagh, Dipl. Biologe beim Naturkundemuseum Karlsruhe. Er untersucht die in Karlsruhe gefundenen Nester. Auch das beobachtete Gründungsnest wurde ihm gemeldet unter der Auflage der Beobachtung. In öffentlichen Vorträgen berichtet er über die gewonnenen Erkenntnisse. Harald Wiedemann, Feuerwehrmann der Berufsfeuerwehr Karlsruhe und ausgezeichneter Hornissen Experte sei ebenfalls gedankt. Er übernimmt die Bergungen der Nester.

Ganz besonderen Dank gebührt Peter Tauchert, ebenfalls Berufsfeuerwehrmann, Hornissen Experte und Webmaster der wohl informativsten Interseite über Wespen und Hornissen Deutschlands. Unter www.aktion-wespenschutz.de finden sowohl Laien als auch Fachleute unerschöpfliche Informationen zum Thema. Ein sehr schönes Vorbild für angewandten Naturschutz.

Ralf Schreck – ehrenamtlicher Hornissen und Wespenberater

Ein Gedanke zu “Vespa velutina nigrithorax

  1. Hallo Ralf,

    ein toller Beitrag zum Thema Vespa velutina.

    Ich denke, man sollte tatsächlich einmal die ganze Sache nüchtern beobachten. Viele Meinungen werden zu diesem Thema zusammengetragen und manches auch noch unrealistisch dazu “gesponnen”.

    Ich hatte es schon einmal erwähnt und kann es immer wieder wiederholen:
    Angesichts welche Schäden der Mensch durch Glyphosat und Neonikotinoide bei unseren Bienen und in der Insektenwelt verursacht, seine Gärten mit Beton und Kiselsteinen zupflastert und durch viele weitere Umweltschäden zerstört, ist eine Diskussion über die eingewanderte Asiatische Hornisse fast schon lächerlich!

    Viele Grüße

    Peter Tauchert
    (aktion-wespenschutz.de)

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