Am Freitag war ich beruflich unterwegs in der näheren Nachbarschaft. Erstes Ziel war der Friedhof Hochstetten. Kaum angekommen wird man von den schönen Bildern der Kita Kindern begrüßt. Da geht man doch gerne wieder hin. Es war ein kalter und grauer Morgen. Und die Stiefmütterchen im neu angelegten Prachtbeet lagen förmlich am Boden. Das ist aber nichts ungewöhnliches, denn die stehen mit den ersten Sonnenstrahlen wieder auf. Im Frühling wird dieser schöne Platz ein “echter Hingucker”.
Friedhof Hochstetten
Weiter ging es nach Liedolsheim. Auch die ist eine schöne Gemeinde. Unterhalb des Friedhofes steht ein schmuckes Fachwerkhaus. Ich nehme die Treppe hinauf, gehe durch den Torbogen und entdecke sofort die nächste Begrüßungsüberraschung. Die bemalten Dachziegel sind inspirierend. Die alten Bäume dort sind Raum bestimmend. Ich erlebe dort eine schöne Stimmung.
In Rußheim kommt für wenige Minuten die Sonne raus und lässt die Beeren der Feuerdorn Sträucher leuchten. Das sind echte Blickfänge. Auch hier prägen die großen und alten Kastanien den Bereich um das Gärtner gepflegte Grabfeld. Dann entdecke ich die metallene Jesus Figur, die fragend die Hände gen Himmel streckt. Es ist eine schöne Figur, auf dem Eggensteiner Friedhof steht eine ähnliche. Einerseits verkörpert sie den Schmerz über den Verlust eines geliebten Menschen, andererseits vermitteln die fragenden Hände auch Hoffnung auf Vergebung, auf Wiedergeburt, auf Erneuerung.
Danach bin ich in Neudorf und erfreue mich über die Infotafel an der Kirche, welche der Heimat- und Mesumsverein Graben-Neudorf erstellt hat. Ortsgeschichtler sind in vielen Gemeinden ehrenamtlich tätig und das ist schön so. Friedhöfe als Orte der Erinnerung. An einigen Gräbern finden sich schöne Schrifttafeln, die die Verstorbenen würdigen. Außerhalb des Friedhofs befindet sich eine Marien Grotte. Beim Betrachten dieser Anlage fielen mir unmittelbar die Worte meines Deutschlehres ein. Er meinte damals, ein solcher Ort verliert seinen Kitsch, sobald sich ein Mensch davor kniet und betet. Diese Worte verstand ich als Kind schon.
Auf dem Grabener Friedhof fallen die floristischen Werkstücke auf. Hier sprechen die Blumen. Das Grabfeld ist eines der schönsten in der Umgebung. Ein Bestandteil davon ist die Fläche mit dem Sprudelstein. Die Quelle als Symbol für Neuerung und Leben. Tod und Leben, Leben und Tod. Das eine gibt es nicht ohne das andere.
In Neuthard sticht die Stechpalme ins Auge. Rote Beeren zieren die grün-weißen Blätter. Traditioneller Weihnachtsschmuck, den man sich jetzt ins Haus holen kann. Die Aussegnungshalle besticht durch ihre Schlichtheit und die alten Bäume betonen auch hier diesen Ruheort.
Die Aussegnungshalle in Karlsdorf wirkt auf den ersten Blick “altbacken”. Allerdings lockt die Fassade zum näher Treten. Auch ein Blick ins Innere wird belohnt. Das bunte Glasfenster leuchtet einem entgegen und die weißen Fassadensteine geben dem Ganzen einen ruhigen Rahmen.
Spaziergänge in der Nachbarschaft. Vieles ist wie zu Hause. Manches auch anders. Aber überall findet man Gestaltung, Erneuerung und Bewahrung. Diese Orte mit ihren Friedhöfen besuche ich schon mehr als zwanzig Jahre. Die roten Fäden sind überall erkennbar. Das gibt mir zu Denken und erfüllt mich zugleich mit Dankbarkeit an einem Ort, in einem Land zu leben, in welchem vieles funktioniert und uns dabei so selbstverständlich erscheint.
Ralf Schreck – Heimatkundler