Gleich drei Drückjagden innerhalb weniger Wochen? Drei Reviere, drei Jagden. Macht das Sinn?
Der aktuellen Presse ist zu entnehmen, dass die afrikanische Schweinepest auf dem Vormarsch ist. Sollte diese hoch ansteckende Viruskrankheit durch Wildschweine nach Baden-Württemberg eingeschleppt werden, müssten laut Tierseuchengesetz Hausschweinbestände in diesen Bereichen getötet werden. Wirtschaftlicher Schaden wäre zu befürchten und Existenzen wären bedroht. Verbraucher müssten eine Zeit lang auf ihr Billigfleisch im Discounter verzichten aber auch Bio Betriebe wären betroffen.
Im Land werden jährlich 50.000 Sauen erlegt, das sind bereits sehr hohe Zahlen und es werden deshalb nicht weniger. Als Beobachter von Drückjagden der vergangenen drei Jahre kann ich das bestätigen. Jahr um Jahr wurden viele Sauen erlegt, ohne dass die Zahl weniger wurde. Um die Ausbreitung der Krankheit zu behindern sollen die Abschusszahlen weiter erhöht werden. Ist das überhaupt von Jägerhand zu bewältigen?
In von Menschen unberührten Naturräumen regeln sich Tierbestände nach Naturgesetzen. Es gibt ein eingespieltes Räuber Beute Verhältnis, ansteigende Bestände werden u.a. durch Krankheiten reduziert. Auch hier ist Natur bestrebt wieder ein Gleichgewicht auszubilden. Natur rottet nicht aus, Natur fördert die Robusten, die Immunen, die Schnellen, die Schlauen. Populationsdynamik wird das genannt. Natur verläuft innerhalb ökologischer Zusammenhänge. Das Zusammenspiel von Pflanzen und Tieren in Abhängigkeit von den jeweiligen Umweltbedingungen ist eine faszinierende und überaus inspirierende Welt, die vielen Menschen jedoch verschlossen bleibt oder überhaupt nicht interessiert.
Von Menschen unberührte Naturräume gibt es bei uns nicht mehr, wir leben in einer Kulturlandschaft unter anderen Bedingungen, die ein anderes, ein unnatürlicheres Vorgehen zur Folge haben. Es gilt die Belange der Gemeinde, des Forstes, der Landwirtschaft, des Natur- und Umweltschutzes und die Ansprüche der Bevölkerung zu berücksichtigen. Jagd ist ebenso komplex wie Forst und Landwirtschaft. Es gibt keine einfachen Lösungen und es geht nur miteinander, deshalb können es die Jäger nicht alleine richten. Es geht nur gemeinsam. In unserer Gemeinde funktioniert dieses Zusammenspiel.
Das konnte man bei der letzten Drückjagd 2017 wieder erleben. Fast 100 Jäger, Treiber und Helfer waren zugegen. Ebenso unser Revierförster, sowie ein im Revier betroffener Landwirt und Gemeinderat waren anwesend. Wer sich für unser Gemeindeleben interessiert erkennt, dass diese Zusammenarbeit im gesamten Jahresverlauf stattfindet.
Jäger stehen in der Kritik. Ist jagen noch zeitgemäß? Es gibt gar eine Initiative zur Abschaffung der Jagd. Ist das der richtige Weg? Löst das die Probleme? Verhindert das die Wildschäden, verhindert das die Schweinepest?
Jäger werden unterschätzt. Wer ein eigenes Jagdrevier anstrebt hat einen langen Weg vor sich. Neben charakterlichen Eigenschaften müssen Prüfungen abgelegt werden. Ein umfangreiches Wissen ist anzueignen, welches ständig erweitert und angepasst wird. Ich bin im Besitz zweier Ausgaben des legendären „Krebs – Vor und nach der Jägerprüfung“. Die 1980er Ausgabe hat 400 Seiten, die 2018er fast 1000. Das ist doch der beste Beweis, dass die Jäger mit der Zeit gehen. Veränderte Bedingungen, neue Herausforderungen verlangen Veränderungen und eben ein größeres Wissen. Darüber hinaus bilden sich die Jäger weiter in diversen Kursen, die vom Jagdverband angeboten werden. Dieses Wissen sollte man sich zunutze machen.
Ich interessiere mich für Jagd, auch wenn ich selbst kein Jäger bin. Wer Jagd verstehen will, der spricht mit den Jägern und mit den Landwirten und mit dem Förster. Man muss kein Wissenschaftler sein, um eins und eins zusammen zu zählen, bzw. die richtigen Schlüsse zu ziehen. Mit gesundem Menschenverstand kann man auch Ökologie verstehen. Das gilt nicht nur für die Jagd, Landwirtschaft, Forst, sondern auch für unser öffentliches Grün. Man muss nur wollen.
Nutzen wir das Wissen unserer Jäger. Wer kennt die Reviere besser als sie? Fragen wir sie wie man die brennenden Probleme lösen kann? Fragen wir auch die Landwirte? Den Forst? Die Politiker? Was sagt die Bevölkerung? Können wir das gemeinsam lösen? Bringen wir doch allen die erforderliche Wertschätzung entgegen und streiten konstruktiv?
Nebenbei bedeutet Jagd Natur erleben, Brauchtum pflegen in der Gemeinschaft. Und eben auch Beute machen. Jagd kann Lebensinhalt sein. Gibt es einen Grund schlecht zu reden? Gibt es nicht! Ich bin kein Gefälligkeitsschreiber, ich schreibe lediglich über meine Erfahrungen. Das können andere auch. Es sind jedoch auch die Jäger gefragt in die Öffentlichkeit zu gehen. Unsere tun das. Im Amtsblatt liest man regelmäßig über Aktionen wie Bekämpfung der Ambrosia im Hardtwald, Hinweise zum Verhalten gegenüber Wild, Teilnahme am jährlichen Waldbegang, die Rheinwaldputzaktion im Februar nicht zu vergessen.
Sauen sind kraftvolle Tiere, elegant und schlau. An meinen Beobachtungsplätzen kamen fünf Tiere vorbei, die ungeschoren hinter den Treibern im Dickicht verschwanden. Ohne Eile. Eindrucksvoll war auch wieder die Unterweisung der Jungjäger durch Hajo, sowie die Behandlung der Jagdhunde durch die Tierärztin. Verletzte Hunde stehen Schwanz wedelnd an, um sich verarzten zu lassen. Wie im vergangenen Jahr waren alle zusammen wieder ein eingespieltes Team mit einem eindrucksvollen Gemeinschaftserlebnis einschließlich Hörnerklang. Vielleicht können wir diesen bei einem unserer nächsten Adventssingen einmal hören?
Ralf Schreck – Wildschwein(gulasch)Freund