Frühling im Friedhof

Frühling im Friedhof

Zwanzig Grad Wärme Ende Februar ist schon außergewöhnlich. Die Natur erwacht mit einem Paukenschlag. Ja, jetzt ist es schön draußen zu sein. Um die ersten Frühlingsinsekten zu beobachten gehe ich gerne auf unsere Friedhöfe. Fündig wird man an den sogenannten Vorfrühlingsblühern wie Heidekraut, Christrosen, Krokussen, Hyazinthen, Narzissen, Primeln, sofern sie es denn noch gibt. Die Verwüstung unserer Vorgärten hat längst die Friedhofsmauern überschwemmt. Dieser Umstand kann als große Schande bewertet werden.

Aus beruflichen Gründen begehe ich seit über zwanzig Jahren zahlreiche Friedhöfe in unserer Region und muss zur Kenntnis nehmen, dass in vielen Orten diese Verwüstung immer weiter voranschreitet. Dies ist auch ein Versagen von Städten und Gemeinden, die ihren Pflichten gegenüber dem Artenschutz und der Biodiversität nicht nachkommen.  Jede Kommune erstellt für ihre Friedhöfe eine Satzung. Diese ist ein Regelwerk im Sinne des Allgemeinwohls. Dass man solche Ausartungen auf den Friedhöfen zulässt, ist nicht akzeptabel. Friedhöfe sind nicht nur Orte der Erinnerung und Begegnung, sie sind auch unsere grünen Lungen. Oftmals mit wertvollen Strauch-, Hecken- und Baumbeständen.

Dieser Umstand kann als große Chance im Sinne des Umwelt- und Naturschutzes gesehen werden, wenn man das erkennen, verstehen und dann nutzen möchte. Es braucht Kümmerer und Befürworter von verantwortlicher Seite, nicht nur von außen, von Einzelinitiativen.  Auch wenn es auf unseren beiden heimischen Friedhöfen noch „pflanzlich“ zugeht, sind auch bei uns erste Tendenzen festzustellen.

Zurück zu den Insekten. Diverse Hummelköniginnen sind aus ihrem Überwinterungsquartier gekommen und laben sich am Erika, dem echten Heidekraut. An jedem dieser Zwergsträucher kann man Bienen, Hummeln, Schwebfliegen und auch die ersten Falter beobachten. Zitronenfalter, Kleiner Fuchs, C-Falter, sogar ein erstes Taubenschwänzchen, ein tagaktiver Nachtfalter, labt sich am süßen Nektar. Es finden sich äußerst interessante Sträucher in unseren Friedhöfen, die durch ihre frühe Blüte einen wertvollen Nahrungsquell darstellen. Selbst nicht heimische Exoten wie Zaubernuss (Hamamelis mollis), Scheinhasel (Corylopsis pauciflora), Wohlriechende Heckenkirsche (Lonicera fragrantissima) und Duftschneeball (Vibrnum fragrans) sind wertvolle Insektenpflanzen. Durch ihre frühe Blüte und reiche Verfügbarkeit an Pollen und Nektar sind sie Magneten für Blaue Holzbiene, Rote Mauerbiene und viele mehr.

Das schönste Erlebnis in dieser Woche war jedoch ein Trupp Kraniche am Himmel über Wöschbach, die mit ihrem unverkennbaren Rufen den Frühling einleiteten. Erlebbare Natur in unserer Heimat für alle. Kann man haben, wenn man will. Einfach mal raus gehen, beobachten, alles auf sich wirken und sich mitreißen lassen.

Ralf Schreck – Naturfreund

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