Der alte Bahnhof Eggenstein
Ganz in der Nähe des Bahnhofs bin ich geboren. Zuhause. Ja, das war zu dieser Zeit noch üblich. Tante Erna, die Hebamme, wohnte ja gerade nebenan. Sie wird in Eggenstein unvergessen bleiben, hat sie doch damals geholfen fast alle Kinder im Ort zur Welt zu bringen.
Den Bahnhof kannten wir gut. Wir, das sind mein großer Bruder Thomas und ich. Wir waren damals unzertrennlich, wie das bei Geschwistern auch heute noch üblich ist. Auch die Güterhalle kannten wir noch. In der Nähe gab es auch ein Holzlager. Wir nannten das „die Bretter“. Komm, lass uns zu den Brettern gehen, sagte Thomas. Dann sind wir abgezogen. Zu Hause haben wir gesagt, wir gehen spielen. Die Bretter haben wir verschwiegen, denn die waren verboten. Aber wir kannten das Loch im Zaun und da sind wir durch. Wir hatten dort eine verborgene Stelle, die wir aufsuchten. Wir waren frei und tauschten unsere Geheimnisse aus. Ein Platz, der verboten aber gut für uns kleine Jungs war. Jedes Mal, wenn ich am alten Bahnhof vorbei komme, muss ich an „unsere Bretter“ denken.
Ganz früher hatten wir noch kein Auto. Unser Papa hatte ein Moped. Auf dem Gepäckträger gab es aber nur Platz für ein Kind. Also ist er am Wochenende abwechselnd mit uns eine Runde gefahren. Manchmal, am Sonntag, sind wir dann nach Karlsruhe in den Zoo. Das war jedes Mal ein tolles Ereignis. Und dorthin sind wir mit der Eisenbahn gefahren. Zu Beginn noch mit der richtigen Dampfeisenbahn, später mit dem roten Schienenbus. Vom Hauptbahnhof aus war es nur ein Katzensprung zum Stadtgarten.
Plötzlich war die Bahn nicht mehr gefragt und man hat sie abgeschafft. Der Individualverkehr wurde erfunden. Das Blatt hat sich jedoch wieder gewendet und man hat die heute unverzichtbare Straßenbahn in die Hardtdörfer geholt. Meine beiden Söhne haben kein Auto aber eine Monatskarte und mit der kommen sie überall hin.
Ralf Schreck – Bretter Freund