Morgen Spaziergang

Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung

Fast schon Routine und doch jedes Mal anders. Nachdem der Regner angeschlossen war begann die Tour.  Sobald man den Friedhof betritt ist man von der besonderen Atmosphäre dort gefangen. Der Platz mit den Urnenstelen ist besonders schön. Im frühen Licht leuchten die weißen Astilben. Die große Magnolie beschirmt die Heimgegangenen. Dann haftet der Blick am blühenden Trompetenbaum, eine Catalpa ovata. Erstaunlich, welche Vielfalt es an botanischen Raritäten in unserem Friedhof gibt. Im Zickzack Kurs geht es weiter, vorbei am Ehrengrab Esser in den neuen Friedhofsteil. Angelockt durch die schneeweiße Blütenpracht der Palmlilien. Süßlicher und überschwänglicher Duft hat einen einzelnen Falter angelockt. Riesige weiße Blütenrispen künden von Reinheit, Freude und doch von Vergänglichkeit. Während sich der Falter labt halten wir inne.

Unterhalb des Friedhofes komme ich am schwarzen Loch vorbei. Zum Glück wurde es rechtzeitig entdeckt und hat keinen geschädigt. Vielleicht ist das unser Sommerloch? Das in Leopoldshafen ist größer. Bevor ich im Garten ankomme entdecke ich am Heckenrand eine Zaunrübe und … genau, die solitär lebende Zaunrüben Sandbiene. Andrena florena sammelt den Proviant für ihre Nachkommen nur an der Zaunrübe. Deshalb kann man sie bei uns an deren Blüten auch gut beobachten. Ein weiteres Natur Highlight erwartete mich im Garten, als ich an unserer Trockenmauer das Eidechsenpärchen entdeckte. Zutraulich kletterten sie an meinem Bein empor und holten sich ihre Ration Mehlwürmer ab.

Auf dem Rückweg über den Friedhof freute ich mich über ein mit Lilien geschmücktes Grab. Waren es doch die selben vom Blumenselbstschneidefeld. Nächste Station war der kleine blumige Kirchgarten an der evangelischen Kirche in Leopoldshafen. Schleierkraut mit Rosen, welch wunderschöne Kombination. Sommerflieder blüht mit anderen um die Wette. Bei jedem Besuch gibt es neues zu entdecken. Eine schöne Anlage. Schön entwickelt sich auch die Blumenwiese beim alten Rathaus. Der getigerten Katze gefällt diese Ecke ebenfalls. An den Schafgarben beobachtet man den bunten Bienen Käfer, ein Parasit von Erdbienen. Hummeln fliegen an die Nachtkerzen und an den einzelnen blauen Wegwarten lassen sich die eindrucksvollen Schenkelbienen erkennen.

Letzter Halt war beim Friedhof Leopoldshafen. Gleich beim Betreten wird man vom leuchtenden Sommer Blumenbeet begrüßt. Zusammen mit den Bäumen ist das jedes Mal eine eindrucksvolle Kulisse. Am Eingang gibt es auch eine kleine Gruppe Taglilien. Genau, Hemerocallis, das ist 2018 die Staude des Jahres. Wer eine größere Pflanzung sehen möchte, der muss unbedingt jetzt zum Alten Hafen gehen, denn dort beginnt gerade am Ufer die Vollblüte.

Eine erlebnisreiche und inspirierende Tour, die man eigentlich nicht alleine machen sollte. Könnte man auch teilen. Es waren zwei kurzweilige Stunden und in der Zwischenzeit hatte die Wiese im Bürgerpark genug Wasser.

Ralf Schreck auf Entdeckungstour

Das Wiesen Projekt der Agenda Gruppe Umwelt im Bürgerpark Eggenstein-Leopoldshafen

Das Wiesen Projekt der Agenda Gruppe Umwelt im Bürgerpark Eggenstein-Leopoldshafen

Gefräßig sind sie. Am 24. Mai entdeckte Doris die Raupen unseres schönsten Tagfalters, die des Schwalbenschwanzes. Richtig edel sieht der fertige Falter aus, fein gezeichnet und makellos nach dem Schlupf aus der Puppenhülle. Es war eine Herausforderung die hungrigen Raupen zum fertigen Falter zu bringen. Gefunden wurden die Raupen auf je einer Weinraute, Ruta graveolens. Jede der fünf hatte ihre eigene Pflanze, sodass die Kräuter keinen größeren Schaden nahmen. Vorsichtshalber hatten wir eine Staude in Reserve, die wir aber dann doch nicht benötigten. Fressen und ruhen, ruhen und fressen. Nach einer Woche wurde es spannend, denn die ersten Raupen begannen sich zu verpuppen. An erhöhter Stelle begann eine Ruhephase, bis die Raupe begann einen Seidenfaden zu spinnen, um sich damit am Zweig zu befestigen. Ein kleiner Gürtel aus einem Seidenfaden. Wenige Zeit später wurde das Puppenhemd abgestreift und die sogenannte Gürtelpuppe kam zum Vorschein. Innerhalb von zehn Tagen geschah dann das Wunder der Metamorphose. Der kleine Organismus wurde nach dem genetischen Bauplan umgewandelt, bis der fertige und makellose Falter zum Vorschein kam. Ein solches Ereignis beobachten zu dürfen erfüllt uns mit Freude, Genugtuung und Ehrfurcht. Wir erleben einen kleinen Akt der Schöpfung.

Das reine Beobachten genügt uns jedoch nicht. Wir können, nein wir müssen mehr tun, um solche Ereignisse auch für andere und auch in der Zukunft erlebbar zu machen. Deshalb waren wir mit großem Eifer dabei, als die Aktiven der Agenda Gruppe Umwelt und einige Interessierte Bürgerinnen und Bürger am 26. Mai im Bürgerpark eine kleine Blumenwiese für Insekten anlegten. Von der Gemeinde bekamen wir grünes Licht und großzügige Unterstützung durch unseren Bauhof. Beim Fräsen half ein heimischer Landwirt, wir bekamen leihweise Werkzeug und Bewässerungstechnik. Den Blumensamen stiftete unser Gartencenter, ein anderer Gärtner brachte aus seinem Gerätefundus eine historische Säwanne mit, sodass wir säen konnten wie der Sämann im Gemälde von van Gogh. Nebenbei wurde Blumensamen an Naturfreunde kostenlos abgegeben. Kommen, schauen, mitmachen, Ideen mit nach Hause nehmen. Das war an diesem Tag erlebbar.

Auch wenn solch kleine Projekte einen langen Vorlauf haben, finden sich bei der Realisierung erstaunlich viele Unterstützer. Das macht Mut. Manchmal benötigt es eben einen kleinen Anstoß und plötzlich werden ungeahnte Energien frei. Es finden sich Menschen, die sich einbringen wollen, die sich etwas trauen. Das ist ein schönes Potential, auf das wir bauen dürfen. Den ersten Vandalismus hat die Wiese auch überstanden. Am Fronleichnamstag haben Ignoranten in der Nacht die Absperrung eingerissen. Aber zum Glück nur die.

Wir wollen Spuren hinterlassen, Wegbereiter sein für weitere nachhaltige Projekte. Das nächste ist auch schon in Sicht. Wir bekamen eine Anfrage der Lindenschule Eggenstein deren Schulgarten zu überarbeiten. Am 30. Juni um zehn Uhr ist dort ein kleiner Arbeitseinsatz geplant. Mit Schülern, Eltern, Lehrern und der Agenda Gruppe Umwelt. Wieder „nur“ eine kleine Fläche aber viele kleine Mosaiksteine ergeben auch ein Ganzes. Wer weiß, vielleicht sehen wir dann dort unsere aufgepäppelten Schwalbenschwänze?

Ralf Schreck – Schmetterlingsfreund

Danke an Doris, die die Raupen nicht gefunden, sondern vor dem Vernichten gerettet hat. Als Umweltberaterin im Gartencenter ist sie die richtige Ansprechpartnerin für Insekten aller Art.

 

Das Wiesenprojekt beim alten Rathaus in Leopoldshafen

Das Wiesen Projekt der Agenda Gruppe Umwelt beim alten Rathaus in Leopoldshafen

Eigentlich wollten wir dort eine kleine Fläche umbrechen und eine Blumenwiese für Insekten einsäen. Bei der ersten Begehung wurde sofort klar, dass es sich bereits um eine interessante, weil artenreiche Pflanzengesellschaft handelte. Ackerwinde, Fünffingerkraut, Gänseblümchen, Habichtskraut, Hahnenfuß, Hopfenklee, Mohn, Reiherschnabel, Sauerampfer, Sauerklee, Spitzwegerich, Storchschnabel, Weißer Klee und verschiedene Gräser lassen sich auf die Schnelle bestimmen. Auf Anfrage bei den Verantwortlichen in unserer Gemeinde wurde diesem Projekt zugestimmt. Es ist ein spannendes Projekt. Dieses kleine Wiesenstück wird jetzt nur noch einmal im Jahr gemäht und das Schnittgut nach einigen Tagen entfernt. Dadurch erreicht man eine Abmagerung des Bodens, welche eine größere Artenvielfalt der Pflanzengesellschaft fördert. Viele verschiedene Pflanzen locken viele verschiedene Insekten an. Genetische Vielfalt ermöglicht das Überleben. Vielfalt ist vonnöten. Dieses bescheidene kleine Wiesenprojekt ist Kosten neutraler als ein ständiges Mähen alle zwei oder drei Wochen. Allerdings sollten wir die interessierte Bevölkerung mit einbeziehen und regelmäßig über die ökologische Bedeutung eines „solchen Unkrauthaufens“ informieren. Den Zauderern und Haderern können wir entgegenhalten, dass wir in solchen Projekten unser Gemeinde Motto – Wohlfühlen in Vielfalt – auf dieses kleine Wiesenstück projizieren. Auch wenn es in einem solchen Falle „nur“ für Insekten ist. Kann man ein nachhaltiges und in die Zukunft gerichtetes Projekt ablehnen mit der Begründung „das gefällt mir nicht“? Das dürft ihr selbst entscheiden.

Bei meinen wöchentlichen Rundfahrten entdecke ich zahlreiche bunt blühende Wiesen an sehr vielen Standorten. Jedoch, man findet sehr wenige Schmetterlinge und sehr wenige Wildbienen. Libellen in vielen Arten umschwirren den Beobachter aber das Gros der Insekten ist verschwunden. Selbst bei der Rathauswiese musste ich längere Zeit verharren, bis ich die Blütenbesucher gefunden hatte. Das sollte uns nachdenklich stimmen aber uns auch nicht in unseren Projekten entmutigen lassen. Selbst kleinste beblumte Flächen wirken für Insekten wie  Magnete. Je mehr wir davon anbieten, desto mehr locken wir an. Sowohl Insekten als auch neugierig gewordene potentielle Mitstreiter. Deshalb möchte ich mich bei allen Verantwortlichen für die Befürwortung und Realisierung dieses Projektes bedanken. Wer Schmetterlinge sehen möchte, der muss auch den Raupen ihr Futter auf der Unkrautwiese gönnen. Oder?

Ralf Schreck – Wiesen Freund

Das Neureut Projekt

Das Neureut Projekt

Wildbienen

Biologie – bios logos – die Lehre vom Leben. Unten, in der ersten Reihe, ganz rechts, da sitzt er, der Heinrich. Er war der wichtigste Lehrer seiner Zeit. Er hat uns Biologie beigebracht und bei mir ist davon eine Menge hängen geblieben. Es ist an der Zeit von diesem Wissen wieder etwas zurück zu geben. Einen Schulgarten hatten wir nicht, wir waren ja Aufbaugymnasium. In der fünften begannen wir mit drei Klassen in Kirchfeld in der Waldschule, weil das Gymnasium in Neureut erst gebaut werden musste. Schon damals hat man mit den Schülern Experimente gemacht, denn die B war eine reine Jungen Klasse. Die waren etwas ungehobelter aber aus denen ist auch was geworden. Ich gehöre zu den Schulveteranen, denn wir waren die ersten die 1978 Abi gemacht haben und damals sind alle durchgekommen.

Zwischen den Jahren habe ich dort immer mal wieder vorbeigeschaut, um zu sehen was es Neues gab. 2011 habe ich den Wildbienenstand im Schulgarten entdeckt und war enttäuscht über die nicht funktionierende Inneneinrichtung dieser Wildbienennisthilfe. Eigentlich eine gute Idee, jedoch nicht richtig umgesetzt. Die vorbereiteten Nisträume sind ungeeignet, weil die Durchmesser zu groß sind. Man hat die Löcher in die Stirnseiten der Hölzer gebohrt. Dort reißt das Holz auf und die Brut verdirbt. Es wurden die falschen Steine verwendet. Auf den Fotos von 2011 bis 2018 kann man die leeren, bzw. unbesiedelten Kompartimente erkennen.

Es gibt ein Schulprojekt, die diesen Wildbienenstand wieder lebenswert machen möchte. Das ist eine sehr schöne Idee, denn die Kinder von heute sind die Gestalter von morgen. Anpacken für die Natur, fürs Leben. Was gibt es schöneres? Wir hören täglich vom Insektensterben, was unternehmen wir eigentlich dagegen? Diese Projektschüler machen es uns vor. Das müssen wir unbedingt unterstützen. Ein solcher Wildbienenstand dient der Beobachtung, der Wahrnehmung, der Demonstration. Er kann niemals Ersatz für verlorenen Lebensraum sein. Lebensraum? Habt ihr im aktuellen Amtsblatt über die Entsiegelungs- und Baumpflanzaktion der Neureuter Schüler gelesen? Die haben neuen Lebensraum geschaffen! Die frisch gepflanzten Bäume habe ich gesehen. Stimmt uns das nicht hoffnungsfroh? Es sind kleine Teile, hier ein Wildbienenhotel, dort eine Entsiegelungsaktion, hier ein Rasen voller Gänseblümchen, der wegen der Bienen bewusst später gemäht wird, dort werden Schwalben Nisthilfen angebracht, usw. Es sind kleine Mosaiksteine, die zusammen genommen ein schönes Bild ergeben. Das Bild des Lebens – Biologie eben.

Ralf Schreck – Abi 78 Veteran

Ich danke jetzt schon den Schülerinnen und Schülern die mitmachen, der Projektleiterin Frau Hoffeld und natürlich Tatjana für ihre Idee den Garten wieder lebhafter zu machen.

Naturschützer, denen dieser Bericht gefallen hat und die selbst aktiv werden wollen erhalten auf Anfrage Unterstützung.

 

Die Efeu Mauer im Friedhof Eggenstein

Die Efeu Mauer im Friedhof Eggenstein

Bedeutender Lebensraum für die Efeu Seidenbiene und andere Insekten

Jeder hat vom Bienensterben gehört. Verursacht durch den Schwund der Lebensräume, Monotonie in der Landschaft, unsachgemäßen Einsatz von Pestiziden, das Auftreten von Parasiten bei Honigbienen, wie die Varroa Milben, usw. Biene ist nicht gleich Biene. Wir kennen alle die Honigbiene, ein Haustier. Aber wer kennt die heimischen Wildbienen? In Deutschland wurden rund 550 verschiedene Wildbienenarten nachgewiesen. Dazu zählen auch unsere Hummeln. Im Gemeindegebiet von Eggenstein-Leopoldshafen sind mehrere Dutzend Arten zu finden.

Auf dem Friedhof in Eggenstein gibt es ein schönes Beispiel für einen wertvollen Lebensraum der seltenen Efeu Seidenbiene. Nämlich die Efeu bewachsene Sandsteinmauer, die den alten vom neuen Friedhofsteil trennt. Efeu oder Hedera helix ist die heimische Pflanze, die bei uns am spätesten im Jahr blüht und somit eine wertvolle und eine der letzten Nahrungsquelle im September und Oktober für unsere bedrohten Insekten ist.

Jetzt kann man die Efeu Seidenbienen mit Wespen, Hornissen, Fliegen, Käfern und den letzten Faltern dort im Efeu beobachten. Diese Wildbiene lebt einzeln, benötigt sandige Böden für ihr Nest und Efeubestände zur Nahrungsgewinnung, so wie es auf unserem Friedhof vorkommt. Lebensraum und Nahrungsquellen müssen beisammen sein, dann ist der Bestand gesichert.

Wir beobachten diesen Standort seit einigen Jahren. Es lohnt sich die blühende Mauer und das Gesumse anzusehen. Schnell wird man die Efeu Seidenbienen von den Honigbienen unterscheiden können. Man kann sich diese seltene Wildbiene auch in die Gärten locken. Sie benötigt ältere, blühfähige Efeupflanzen und sandige Böden. In versiegelten und verkiesten Vorgärten wird man sie vergeblich suchen.

Aufgrund der Länge dieser Mauer, war das eine bedeutende innerörtliche Nahrungsquelle für Colletes hederae, wie sie wissenschaftlich bezeichnet wird. War? Was ist passiert? Geht raus und seht euch diese Mauer jetzt an! Ihr werdet umschwirrt von hungernden Bienen, die euch fragen, weshalb man fast alle blühfähigen Triebe abgeschnitten hat? Selbst in Bereichen, in denen es überhaupt keine Not gab, die Schere anzusetzen. Eine Biene fragte mich: „Gehört das zu euerem neuen Leitbild Grünpflege“? Stellt euch vor, wir würden morgen Lidl, Aldi und Edeka abreißen?

Schön geschnitten sieht`s aus. Doch dadurch ist die Vielfalt zerstört. Warum fällt nur mir so etwas auf? Als ehrenamtlicher Hornissen- und Wespenberater und Teilnehmer am Tagfalter Monitoring weiß ich, dass es dieses Jahr außergewöhnlich wenige Insekten gibt. Weshalb nutzt man diese Mauer dann nicht als Chance, um dem Insektensterben entgegen zu wirken? Schnitt muss sein, keine Frage. Aber man könnte die Maßnahme auch ins zeitige Frühjahr legen. Jahrelang wurde das getan. Da fällt mir wieder der Kirschendamm ein und die Sträucher im Grünzug Leo. Ein Konzept sehe ich da noch nicht. Es fehlt eine ganzheitliche, eine vielfältigere Handlungs- und Betrachtungsweise in Sachen grün. Ökologie tut nicht weh und wenn man es richtig anpackt, dann gibt es auch keine extra Kosten. Man muss das aber auch verstehen wollen.

Sind ja nur Bienen und Insekten, also Ungeziefer?

 

Ralf Schreck – enttäuschter Bienen Freund

 

 

Bienen Paradies Leopoldshafen

Bienen Paradies Leopoldshafen

Eigentlich war ich auf der Suche nach den Raupen des Osterluzeifalters. Den kürzlich entdeckten Standort der Aristolochia clematitis, der Futterpflanze der Raupen dieses Schmetterlings wollte ich absuchen. Ich lief im Tiefgestade von Schröck, beginnend beim Abzweig Hundefreunde Leo, den Damm entlang Richtung Roter Brücke. Rechts unterhalb liegt unsere Sophie im alten Hafen. Es sind vielleicht nur dreihundert Meter Wegstrecke, doch dieser Bereich auf dem Damm ist derzeit voller blühender Wildblumen. Natternkopf, Dost, Schafgarbe, Wilde Möhre, Kreuzkraut, Flockenblume, Distel und viele mehr. Überall blüht es und das lockt zahlreiche Wildbienen, Schmetterlinge, Heuschrecken, Käfer, Libellen, Wanzen und Spinnen an. Ein kleines Paradies nicht nur für mich. Der Presse ist zu entnehmen, dass wir seit den 1980er Jahren bis heute einen Insektenschwund von 80% haben. Das ist ein enormer Verlust an Biomasse und auch ein Grund dafür, dass es bei uns immer weniger Vögel gibt. Das sollte uns zu denken geben und wir sollten überlegen, ob wir was dagegen unternehmen, sonst müssen wir mit unseren Kindern und Enkeln in ein paar Jahren ins Naturkundemuseum Karlsruhe gehen, wenn sie uns fragen wie ein Tagpfauenauge aussieht.

Ich kam nur Meterweise voran. In kürzester Zeit entdeckte ich zehn verschiedene Wildbienenarten, Sand-, Seiden-, Blutbienen und andere. Beim langsamen Schlendern sprangen meine entfernten Verwandten auf. Die Hüpfer und Schrecken müssen aufpassen, damit sie nicht im Netz einer Wespenspinne landen. Motten und Falter labten sich an Blüten. Libellen tanzten und ruhten sich wieder aus. Die veränderliche Krabbenspinne lauert auf einer Schafgarbenblüte und erbeutet einen braunen Falter. Bei der Osterluzei angekommen entdeckte ich eine Streckerspinne, die gerade ihr Netz reparierte. Wer wissen will was Biodiversität bedeutet, muss rausgehen und sich diese Naturschauspiele ansehen. Die gibt es noch in Leopoldshafen. Dort unten gibt es ein Mähmanagement, denn es werden niemals alle Dämme zur gleichen Zeit gemäht. Das ist ein durchdachtes und nachhaltiges System. Das macht diesen Lebensraum so wertvoll.

Diese Geschichte ist jedoch noch nicht zu Ende. Auf dem Heimweg fragte mich eine Biene, ob es denn nicht möglich wäre, ob man in den gemeindlichen Grünflächen, die derzeit überplant und in einem modernen Leitbild geordnet werden, diesen Nachhaltigkeits- und Biodiversitätsgedanken aufnehmen kann? Klar geht das, antwortete ich. Kostenersparnis lässt sich mit Umweltgedanken vereinbaren. Pflanz- und Rasenflächen lassen sich in Wiesen umwandeln. Ein einmaliger Schnitt ist preiswerter als mehrmaliges Mähen. Mit dem entsprechenden Saatgut bei der Anlage, Aufnahme des Schnittgutes nachdem die Samen ausgefallen sind, ist der Weg gebahnt. Der Rest ist Öffentlichkeitsarbeit. Echte Wiesen brauchen Befürworter. Die Nachbargemeinde Stutensee macht es vor. Wir könnten das auch. Und wir würden auch Menschen finden, die sich für solche Projekte begeistern.

Es sind Veränderungen in der Grünpflege vorgesehen. Das sollte wir als Chance nutzen den „Öko Gedanken“ zu berücksichtigen. Mit „wir“ meine ich uns alle, nicht nur die, die sich mit „Grün“ beschäftigen. Sonst müssen wir eines Tages unseren Honig bei der BASF kaufen und in den Schulen gibt es das neue Fach „Bestäuben“, damit es unten auf dem Kirschendamm Früchte gibt.

Darauf sagte die Biene: „Lass uns mit den beiden Wiesen links und rechts des alten Rathauses in der Leopoldstrasse beginnen.“ Das wäre ein tolles Projekt. Schüler beobachten die Wiesen und werden zum Naturscout ausgebildet. Kosten sparen, Natur lernen. Das kann man wollen. Das wär doch ein Anfang?

Die Raupen des Osterluzeifalters habe ich nicht gefunden. Es gab auch keine Frasspuren an den Blättern.

 

Ralf Schreck – Nachhaltigkeitsfreund

 

Die Obstallee am Hammenweg

Die Obstallee am Hammenweg

Heute sind wir in Leopoldshafen und besuchen bei herrlich frühlingshaftem Wetter die Obstallee am Hammenweg. Es ist eine alte Allee. Alleen sind Menschen gemacht, sind Kulturgut. Für die Natur sind die alten und abgängigen Bäume besonders wertvoll. Weshalb das so ist kann man an den blühenden Weiden im Wildgebüsch in der Nachbarschaft beobachten. Es ist erstaunlich wie viele Blauen Holzbienen, unsere größte und eindrucksvollste heimische Wildbienenart, derzeit dort unten umherschwirren und sich an den Weidenblüten laben. Auch Hummeln, Mauer und Imker Bienen sind zugegen. Pfauenauge, Zackenfuchs und Zitronen Falter sind aus der Überwinterung erwacht und finden sich ein.

Dank Allee, dank alter und absterbender Bäume, dank uns, finden alle diese Insekten dort Unterschlupf zum Überwintern. Die Blauen Holzbienen bauen in diesem Altholz auch die Brutröhren für ihren Nachwuchs. Der aufmerksame Naturfreund kann diese Brutstätten finden. Hornissen Königinnen, Hirschkäfer und viele andere sind ebenfalls auf diesen Lebensraum angewiesen. Genauso wichtig sind die blühenden Weidenbäume im Wildgehölz gegenüber. Lebensraum und Nahrungsquellen sind in unmittelbarer Nähe. Das ist optimal. Natur ist vernetzt. Wird das Netz gestört bekommen die Nutzer Probleme. Das Netz Natur ist größer und umfassender als viele von uns es sich vorstellen können.

Hier unten gibt es viele Singvögel. Eben wegen der Bruthöhlen. Bunt, Klein, Grünspecht sind ständige Gäste. Im Wildgehölz stehen tagsüber Rehe ein und das Dickicht bietet Unterschlupf für Fasan und Rebhuhn. Von Menschen gestaltete Kulturlandschaften bieten Lebensräume für Wildtiere. Wenn ihr die Blaue Holzbiene fragt, ob die Obstbäume dort unten gut geschnitten sind, dann wird sie euch sagen: „Is mir Pollen (Wurscht), solange ihr mir genügend Alt und Totholz belasst und es Nahrung in der Nachbarschaft gibt. Ist es den Menschen  auch egal? Wer hat denn noch Interesse an Obst? Wer beteiligt sich denn noch an einer Obstversteigerung im Ort? Sind wir alle zu bequem und verwöhnt? Im vergangenen Herbst konnte man allen Orts viel Fallobst sehen. Dies wiederum haben sich unsere Wildvögel und Wildtiere geholt und somit gab es doch ein Happy End im Kreislauf der Natur.

Ralf Schreck – Wildbienen Freund

Die Kastanie beim Reitplatz

Die Kastanie beim Reitplatz

Viele Kinder kennen Kastanien. Spätestens im Herbst, wenn die schönen braunen Früchte zum Sammeln einladen ist man gerne draußen. Wer hat noch nicht aus den Kastanien allerlei Tiere gebastelt? Man braucht einen Holzbohrer, Streichhölzer und ein bisschen Fantasie. So entstehen Löwen, Käfer, Schmetterlinge und viele andere Tiere. Mein Bruder Thomas und ich haben das auch gemacht. 1963 habe ich eine Kastanie in unseren Sandkasten vergraben und im nächsten Jahr ist ein kleiner Baum daraus gewachsen. Im folgenden Jahr war er bereits zwei Meter hoch und es war klar, dass er dort nicht bleiben konnte.

Damals war mein Papa Schatzmeister beim Reiterverein und es bot sich eine Möglichkeit, „meine Kastanie“ dorthin umzusiedeln. Herr Vollweiter kam vorbei und versuchte den jungen Baum dem Sandkasten zu entreißen. Das war mir gar nicht recht, denn damals wusste ich nicht, dass man Bäume umpflanzen kann. 1965 wurde das Bäumchen neben die Reithalle gepflanzt. Mittlerweile ist es ein stattlicher Baum, hat eine Verzweigung mit vier Stämmen und „gehört“ jetzt jedem, der darunter steht. Dort passt Aesculus hippocastanum sehr gut hin, heißt sie doch auf Deutsch Rosskastanie. In der Blütezeit kann man Hummel Königinnen beobachten, die gierig Nektar und Pollen für ihre Brut sammeln. Solange die Blüten befruchtungsfähig sind, das erkennt man am gelben Fleck in der Blüte, enthält der Nektar bis zu 70 Prozent Zucker. Sind die Blüten befruchtet, wird der Fleck rot und die Quelle versiegt.

Bei den Reiterfesten früher war das halbe Dorf anwesend. Es wurden sogar an den Zufahrtstrassen „Mautstellen“ eingerichtet und mein Bruder und ich waren als Kassierer für den Eintritt eingesetzt. Heute sind die Besucherströme überschaubar. Eigentlich schade, denn es gibt viel Interessantes zu sehen. Das Reiterfest 2013 ging wohl als Seepferdfest in die Geschichte ein. Auch die jährliche herbstliche Schleppjagd ist ein Ereignis für Pferdefreunde. Reiten hätte ich lernen können aber mir waren damals schon die Pferde zu hoch. Dafür finde ich es toll, dass in den Ställen Rauchschwalben nisten. Dort finden sie alles was sie brauchen. Wasserpfützen, Stroh, Lehm und eben Ställe.

Die Kastanie wurde Mitte des 16. Jahrhunderts von der Balkanhalbinsel zu uns mitgebracht. Heute gilt sie als heimisch, integriert sozusagen.

Ralf Schreck – Pferde-, Schwalben- und Kastanienfreund

Fotos von Ralf und Lukas Schreck

 

Nieswurz und Hummel

Nieswurz und Hummel – Rheinwald Spaziergang

Am Waldrand leuchtete es hellgrün und das schon im Februar. Später haben wir dann noch eine Tussi gesehen. Aber zunächst zum Leuchten. Das ist eine kleine Kolonie der Stinkenden Nieswurz. Ja, richtig gelesen, stinkend. Beim Zerreiben der Blätter riechen diese streng bitterlich. Helleborus foetidus heißen diese immergrünen Halbsträucher und foetidus heißt übersetzt stinkend. Sie ist mit unserer Christrose verwandt (Es blüht eine Rose zur Weihnachtszeit).

Diese heimischen Vorfrühlingsblüher sind wichtig für die aus der Überwinterung gekommenen Hummel Königinnen. Das Hummelvolk ist zum Jahresende abgestorben, die verpaarten und befruchteten Königinnen haben als einzige des Staates überwintert. Jetzt finden sie die erste Nahrung, stärken sich und gründen einen neuen Staat. Alleine. Erst wenn genügend Arbeiterinnen heran gewachsen sind, bekommt sie Unterstützung. Hummel Königinnen sehen wir jetzt auch auf unseren Friedhöfen. Dort gibt es Erika, Winterheide, die ebenfalls reichlich Nektar bietet.

Die Tussi war nicht alleine. Es war eine kleine Gruppe, die mit ihren gelben Blüten um die Wette strahlten. Eigentlich heißen die Tussilago farfara, Huflattich auf Deutsch. Aber Tussi kann man sich besser merken. Erst kommen die Blüten, später die Laubblätter. Huflattich ist ebenfalls eine unserer früh blühenden Pflanzen.

Wie die Haselnuss. Diese Sträucher verraten ihre Existenz bereits Ende Januar, wenn die gelben Blütenwürstchen erscheinen und die Sträucher dann am Waldrand auffallen. Die Hasel ist einhäusig und getrennt geschlechtlich. Das bedeutet, männliche und weibliche Blüten befinden sich auf derselben Pflanze, sind jedoch örtlich voneinander getrennt. Es lohnt sich diese Blüten einmal genauer zu betrachten. Die Männer sind die mit den Zipfeln und die Frauen sind die mit den kleinen rötlichen Narben, die aus der Knospe heraus schauen. Botanik ist gar nicht so schwer und kann lustig sein.

Tolle Erlebnisse in den Auenwäldern unserer Gemeinde Eggenstein-Leopoldshafen. Nur der kalte Ostwind war heute etwas unangenehm.

Ralf Schreck – Tussi Freund

 

Wildbienen beim Esser Brunnen

Die Rasenfläche beim Esser Brunnen in Eggenstein

Geschichte trifft Natur

Die Rasenfläche beim Esser Brunnen beherbergt eine Kolonie von Frühlings Seidenbienen, eine von ca. 550 heimischen Wildbienen Arten. Im April, wenn die Frühlingssonne den Winter endgültig vertrieben und die Böden allmählich erwärmt hat, beginnt das Schwärmen. Es sieht so aus, als wäre ein Bienenschwarm entflogen. Jedoch, diese Bienenart lebt nicht in einem Staat, sondern einzeln, die Fachleute nennen das solitäre Lebensweise.

Natur in Eggenstein. Die Frühlings Seidenbienen in der Rasenfläche. Eggensteins reiche Bodenschätze in Sachen Natur. Wer hätte das gedacht? Wir beobachten diesen Standort seit mehreren Jahren, d.h. er scheint stabil zu sein. Die Bienen brauchen Niststandorte und Nahrungsquellen in der Nähe. Das scheint dort gegeben zu sein. Dort gibt es noch richtige Gärten mit blühenden Frühlingsblumen wie Krokussen, Schneeglöckchen und anderen. Und es gibt die wertvollen Kulturflächen im Tiefgestade unserer Gemeinde mit Wiesen und Hecken, auf die unsere Wildbienen so angewiesen sind.

Die Eggensteiner Bevölkerung hat Dr. Esser viel zu verdanken. Er war Arzt und sehr beliebt. Den Brunnen hat er zu Lebzeiten der Gemeinde gestiftet. Ursprünglich stand er an der Hauptstraße. Als das benachbarte alte Rathaus dort abgerissen wurde, hat man auch den Brunnen entfernt. Jetzt steht er am Ankerberg in der Nähe des neuen Heimathauses. Die Verdienste Dr. Essers für unsere Gemeinde wurden mit der Verleihung der Ehrenbürgerschaft gewürdigt. Auf dem Friedhof in Eggenstein gibt es ein Ehrenmal, welches 2008 restauriert der Einwohnschaft wieder präsentiert wurde.

Geschichte trifft Natur. Auch im Friedhof gibt es Seidenbienen. Und wer weiß, ob Dr. Esser die damals auch schon beobachtet hat?

 

Ralf Schreck – Esser Brunnen Freund