Neues vom Dachsbau – Mai bis Juli

Naturbeobachtungen im Auenwald

Es gibt Neues zu berichten, mittlerweile sind auch drei Monate vergangen. Der Frühling ist übers Land gezogen und hat sich zum Sommer entwickelt. Beim Wechsel am Dachsbau konnten wieder interessante Schnappschüsse gemacht werden. Von Anfang Mai bis Ende Juli war die Kamera aktiv und hat Marder, Eichhörnchen, Dachs, Eichelhäher, Specht, Ringeltaube, Rehwild, viele Mäuse und einen Bussard „erwischt“. Die meisten Kameraauslösungen in der Nacht wurden durch Mäuse verursacht. Das hat wohl auch den Mäusebussard angelockt. Es gab auch ein einzelnes Wildschwein, ein flüchtiger Frischling. Eventuell waren seine Kumpels im Wassergraben unterhalb unterwegs. Auch zogen wieder Dachse vorbei.

Die vorbeiziehenden Rehböcke setzen ihre Duftnoten wieder am Gesträuch ab, der Marder markiert den querliegenden Baumstamm. Auf den Videoclips kann man das gut erkennen. Am 21. Mai war die Überraschung groß, als ein junger Fuchs von der Kamera erfasst wurde. Die Fähe (seine Mutter) war ebenfalls noch in der Nähe. Er war alleine unterwegs, denn weitere Jungfüchse wurden nicht gesichtet. Später, ab August werden Jungfüchse von der Mutter (Fähe) abgeschlagen (verjagt) und müssen sich eigene Lebensräume suchen. Deshalb ist es auch keine Ausnahme einen einzelnen, oftmals etwas orientierungslosen Jungfuchs um diese Zeit anzutreffen. Jungfüchse haben eine hohe Mortalitätsrate – von einem Wurf überlebt i.d.R. nur ein bis zwei das erste Lebensjahr. Der Bau war in unmittelbarer Nähe, im Dickicht konnte ich den Eingang erkennen, bin aber nicht näher herangegangen, um die Geschehnisse nicht negativ zu beeinflussen.

Ein schönes Erlebnis war auch die Aufnahme vom Kitz mit begleitender Ricke. Auch ein wohl genährter Rehbock war eine bemerkenswerte Erscheinung. Tolle Erlebnisse in unserem heimischen Auenwald. Mindestens ebenso spannend ist das Beobachten des näheren Umfeldes, denn dort begegnen uns etliche am Dachsbau beobachtete Tiere wieder. Aber das ist eine andere Geschichte.

Ralf Schreck – Wild Freund

Danke an Hajo für seine fachliche Unterstützung.

Beobachtungen am Dachsbau

Die geheime Stadt im Wald

Die Beobachtungsgebiete unserer heimischen Auen bieten schier unerschöpfliche Entdeckungsmöglichkeiten. Bei jeder Begehung gibt es neue Funde und Erkenntnisse. Da wir hauptsächlich zu Tagzeiten unterwegs sind erhob sich uns schnell die Frage was sich eigentlich draußen in der Nacht abspielt? Die Idee sich eine Wildbeobachtungskamera zu besorgen war schnell gefasst, als uns Edwin in seinem Revier im vergangenen Jahr einen uralten und befahrenen Dachsbau zeigte. Gesagt, getan. Mit seinem Wissen deponierten wir eine  Sensor gesteuerte Kamera an einem Baum im Dickicht. An dieser Stelle gibt es keine öffentlichen Pfade oder Wege, es besteht keine Gefahr, dass Menschen aufgenommen werden, zudem ist die Kamera „tiergerecht“ nach unten ausgerichtet, sodass eventuelle Waldläufer nur bis zur Hüfte aufgenommen werden.

Dieser Dachsbau befindet sich in einem fast undurchdringlichen Waldstück, welches mehrere Hundert Meter lang aber nur fünfzig Meter breit ist. Im Norden grenzt es an einen Hochwasserdamm, im Süden an einen Acker. Obwohl dieser Streifen so schmal ist, spielt sich darin reiches Leben ab, welches durch die Kameraaufnahmen dokumentiert wird. Es ist eine regelrechte Wildstraße, ein Wechsel, den viele Tierarten nutzen. Ein fast unberührtes Gebiet mit Sträuchern und Bäumen, Dickungen mit viel Totholz. Ein Refugium für viele Pflanzen und Tiere, ein wertvolles Waldbiotop eben. Und dabei ist es keinen Kilometer vom Ortsrand entfernt.

Die Fotos liefern die Beweise über den Tierartenbestand. Interessanter jedoch sind die Videoclips, die die Tiere in ihrem natürlichen Verhalten zeigen. Die Dachse markieren am Beobachtungsplatz ihr Revier und das wiederum lässt Rehwild, Fuchs, Marder und Waschbär vorbeischauen. Sie nehmen diese Witterung auf und setzen eigene Duftmarken. Jetzt im Frühling kommt ein Rehbock vorbei und setzt seine persönliches Parfüm durch das sogenannte Stirnlockreiben des Kopfes am Strauch ab. Er hat zwischen den Rosenstöcken (an der Basis seines Gehörns) eine Sekret haltige Stirndrüse. Auch das Scharren der Beine lässt sich beobachten. Rehe haben neben den Laufbürsten an den Hinterläufen zusätzliche Duftdrüsen zwischen den Schalen, die wie Erstere der Fährtenmarkierung und Verständigung dienen. Beim Scharren wird Bodenbewuchs und Laub durch die Luft gewirbelt. Am nächsten Tag kam eine Ricke vorbei und nahm sichtlich erfreut die Duftspuren des Bockes auf.

An den umgefallenen Stämmen landen Bunt-, Grün- und Schwarzspecht, um am Totholz nach Insekten zu suchen. Amseln, Ringeltauben und andere Vögel gesellen sich hinzu. Ob ein Dachsbau befahren ist erkennt man am frisch ausgeworfenen Untergrund. Vergangenes Jahr war dies am Standort so, jetzt sind die Ein-, und Ausgänge mit Laub bedeckt und ohne Grabspuren. Die Dachse sind jedoch in der Nähe, denn sie passieren den Platz. Ein solch alter Dachsbau ist ein riesiges Labyrinth, welches ständig ausgebaut und erweitert wird. Auch Fuchs und Waschbär nutzen die vom Dachs nicht mehr bewohnten Höhlen. Während der Dachs seinen Kessel mit Laub und Moos polstert, macht dies der Fuchs nicht.

Unsere Gemeinde hat sich ein Waldleitbild auferlegt. Es ist Eine Vision für den Eggenstein-Leopoldshafener Wald und besagt: Der Wald in Eggenstein-Leopoldshafen ist ein Wald mit höchstmöglichem gesellschaftlichen Nutzen, reicher ökologischer Ausstattung und wertvollem Waldvermögen. Die Bewirtschaftung erfolgt pfleglich, verbessert stetig den Waldzustand, erfolgt wirtschaftlich, möglichst unmerklich und konfliktfrei.

Die ökologische Vielfalt habe ich dokumentiert. Die nachhaltige und zukunftsweisende Bewirtschaftung des Gemeindewaldes der vergangenen zehn Jahre wurde in der vergangenen Gemeinderatssitzung vom 25.04.2017 vom Forsteinrichter beurteilt und für gut befunden. Und das haben wir unserem Revierförster zu verdanken. Unser Wald, von vielen genutzt in vielfältiger Art und Weise. Schade nur, dass sich bei einem solch wichtigen Thema so wenige interessierte Bürger in einer Gemeinderatssitzung einfinden.

Zurück zum Dachswald. Menschen sollen draußen bleiben, um das Wild nicht zu vergrämen. Unser Aufenthalt beschränkt sich auf den Tausch der Akkus und Speicherkarten und dauert keine zehn Minuten. Die dort heimischen Zecken verkürzen die Bleibe ohnehin.

Ebenso wertvoll wie der Wald ist die vorgelagerte Wiese. Auf den blühenden Wildkräutern finden sich Bienen, Hummeln und andere Insekten ein. Die dick bepelzten Hummeln fliegen bereits bei Temperaturen, bei denen sich Honigbienen wegen der Kühle noch nicht aus dem Stock wagen. Am Ehrenpreis kann man jetzt die Hummelschweber beobachten. Wie kleine Hubschrauber schweben sie von Blüte zu Blüte. Wenn es Hummelschweber gibt, gibt es auch Wildbienen. Denn diese Schweber sind die Gegenspieler bestimmter Sandbienenarten. Sie parasitieren diese, indem sie im Fluge einzelne Eier an die Öffnungen der Sandbienenbaue abwerfen. Die daraus schlüpfenden Larven kriechen dann in die Bauten und folgen ihrem Instinkt. Geübte Naturfreunde können das beobachten.

Natur kann so spannend sein wenn wir sie achten und schützen.

Danke an Friedhelm für seine zukunftsweisende Arbeit im Wald und seine Inspirationen für vergangene und künftige Naturprojekte in unserer Gemeinde.

 

Ralf Schreck – Waldfreund und Reh Versteher

 

Die Beobachtungskamera ist eine Wild Vision Full HD 5.0.

Orchidee des Jahres 2017

Orchidee des Jahres 2017

Das Weiße Waldvöglein (Cephalanthera damasonium) ist die Orchidee des Jahres 2017. Die Mitglieder der Arbeitskreise heimischer Orchideen der Bundesländer kürten die Pflanze im thüringischen Arnstadt. Sinn einer solchen Kürung ist jedoch nicht das hervor stellen einer einzelnen Pflanzenart. Vielmehr geht es darum uns zu zeigen, welche Pflanzen (Orchideen) Schätze bei uns wachsen und was wir tun können, um diese auch unseren Kindern und Enkeln zu erhalten.

Bei uns gibt es das Langblättrige Waldvögelein (Cephalanthera longifolia) und ist, was viele von uns gar nicht wissen, am beobachteten Standort gar nicht selten. Obwohl es im Forst wächst, also nicht in einem natürlichen Wald, kommt es dort mit zahlreichen anderen Orchideen vor. Es gibt diverse Knabenkräuter und auch die seltene Bienen Ragwurz. Das liegt am zusagenden Standort und an der dort herrschenden Waldpflege, denn die Verantwortlichen vom Forst kennen diese Vorkommen auch.

Der Standort ist unscheinbar und liegt einigermaßen verborgen, sodass es keine „Wallfahrten“ zu diesen Orchideen gibt. Auch sorgen die vielen Zecken und Schnaken während der Blütezeit für Unbehagen. Man kann Natur auch einfach Natur sein lassen. Und doch ist es ein von Menschen gemachter Standort, an dem die Natur sich entfalten kann. Zahlreiche Wildsträucher am Waldsaum laden Insekten zum Laben ein. Am Hartriegel tummeln sich die Rosenkäfer, die Heckenkirschen locken Nachtschmetterlinge, auf den Eichen sieht man Maikäfer. Auf der benachbarten Waldwiese sieht man Langhorn Bienen, Schenkelkäfer und zahlreiche andere Insekten. Die Ricke legt dort auch ihre Kitze ab. Am Weg findet man Losung von Marder und Fuchs. Auch Hirschkäfer kommen vor. Man findet im Mai oft deren Reste, die der Schwarzspecht nach einem Mahl übrig gelassen hat. Auch das Reptil des Jahres 2017 ist dort zu finden.

Es ist ein komplexer und vielfältiger Lebensraum. Nicht nur ein Orchideen Standort. Genutzt wird er vom Forst und von den Jägern. Weniger von Spaziergängern, weil er abgelegen ist. Vieles dort ist aufeinander abgestimmt. Natur ist flexibel. Natur kommt zurück. Es liegt an uns, wie weit wir das zulassen. Was wir verdrängen oder was wir schützen. Was wir der Nachwelt überlassen. Wenn wir uns informieren werden wir die Zusammenhänge verstehen und damit die richtigen Entscheidungen treffen. Ein wertvolles und schönes Kleinod in unserer Gemeinde.

Ralf Schreck – Vielfaltsfreund

 

Revier übergreifende Säuberungsaktion

Putzaktion im Rheinwald auf der Gemarkung von Eggenstein-Leopoldshafen

Obwohl kurzfristig angekündigt trafen sich mehr als sechzig Helferinnen und Helfer an der Belle in Eggenstein und an der Fähre von Leopoldshafen, um den Rheinwald in Flussnähe vom Müll zu befreien. Durch das extreme Niedrigwasser konnten Waldflächen betreten werden, die sonst nicht zugänglich sind. Das war die Idee. Zu Beginn der Woche setzte jedoch Tauwetter ein und der Rheinpegel stieg innerhalb von 24 Stunden um zwei Meter und setzte die Uferwälder unter Wasser. Bis Freitag war diese Flutwelle allerdings wieder abgeebbt und das ursprüngliche Ziel konnte wieder verfolgt werden. Das zurück fließende Wasser ließ jedoch nicht nur das Treibholz zurück, sondern auch den angeschwemmten Müll. Styropor, Sandalen, Schuhe, Eimer, Cremedosen, Flaschen aus Glas und Plastik und viele andere Gegenstände aus Kunststoffen. Sehr viel Unrat. Da war es ein Leichtes die Müllsäcke und Anhänger zu befüllen.

Eigentlich ist es eine Schande, dass sich in unserer Natur so viel Müll ansammelt. Jetzt sind die begangenen Flächen sauber, bei der nächsten Hochwasserwelle wird neuer Müll angeschwemmt. Ein scheinbar ewiger Kreislauf. Wir bekämpfen Symptome und sollten eigentlich an die Ursachen denken. Müllvermeidung, Mülltrennung, Müll im Mülleimer entsorgen. Eigentlich sind das Selbstverständlichkeiten.

Und was sind die Lehren dieser Aktion? Punkt 9.00 Uhr war ich am Treffpunkt an der Belle, da waren schon 40 Teilnehmer dabei Werkzeug und Müllsäcke in Empfang zu nehmen. Und alle kannten bereits die Bereiche und alle ihre Putzpartner. Ich war baff, als Joachim mich begrüßte und sagte ich sei in seiner Gruppe. Besser kann eine Organisation nicht sein. Friedhelm hatte im Vorfeld alles organisiert, die Putzbereiche fest gelegt und die Teilnehmer den Revieren zugeordnet. Was konnte da noch schief gehen? Es war auch seine Idee eine solche Aktion durch zu führen. Zusammen mit Anglern, Jägern und der Agenda Gruppe Umwelt. Auch hilfsbereite Bürgerinnen und Bürger waren eingeladen und gekommen. Ein genialer Schachzug, denn diese Gruppen kennen die Reviere wie ihre Westentasche. Angeln ist mehr als fischen und Jagd ist mehr als jagen. Revier übergreifender Umweltschutz war das. Manchmal benötigt es nur einen kleinen Anstoß, um ein solche Aktion ins Leben zu rufen. Ein Gewinn für unsere Dorfgemeinschaft. Eine tolle Aktion, die man unbedingt wiederholen sollte. Unser Gemeindemotto lautet  „Wohlfühlen in Vielfalt“. Am Samstag hieß es „Mitmachen in Vielfalt“. Danke an alle Teilnehmer, die diesen Gedanken mittragen und vorleben.

Danke auch an unsere Feuerwehr, bei der der Abschluss mit Vesper stattfand. Danke an Brigitte für die lecker Brötchen. Danke an die Gemeinde für die Unterstützung.

Friedhelm war gar nicht dabei, er hatte andere Termine. Aber ich habe ihn vermisst.

Ralf Schreck – Vielfaltsfreund

 

P.S. Hat eigentlich jemand den Motoradhelm eingesammelt?

 

 

 

Fährte und Spur

Fährten und Spuren

Es war die bisher kälteste Nacht. Als Lukas mich in der Frühe abholte stand das Thermometer bei minus 9 Grad Celsius. Jedoch sind wir erfahrene Naturbeobachter und für viele Wetterzustände bestens gerüstet. Zudem versprach der Tag wieder ein Abenteuer zu werden, denn wir waren erneut zur Schröcker Drückjagd eingeladen. Mittlerweile sind wir bei den Jägern bekannt, es gab auf beiden Seiten keine Berührungsängste mehr, dennoch waren wir neugierig aufgeregt, weil niemand wusste, was wir erleben würden. Im Hinterkopf hatten wir die Meldungen aus der Presse über die Aktivisten, die im vergangen Jahr durch ihr unkorrektes Verhalten Drückjagden störten und zur Aufgabe brachten. Dies wurde auch zu Beginn der Jagd angesprochen und alle Teilnehmer informiert sich nicht provozieren zu lassen und alle Sicherheitsbestimmungen einzuhalten. Heute gab es keine solchen Zwischenfälle, keine Unfälle, alles lief nach Plan.

Beim Ablauf der Jagd sind mir einige Dinge und einige Teilnehmer besonders aufgefallen. Es herrscht innerhalb dieser Gesellschaft eine schöne Stimmung. Ob Jagdherr, Jäger, Treiber, Helfer oder die Jägerfrauen, die guten Seelen, die im Hintergrund das Vesper, den Kuchen, den Kaffee vorbereiteten und reichten, alle ziehen sie am selben Strang. Es ist alles aufeinander abgestimmt.

Jäger und Treiber wurden in Gruppen eingeteilt und im Revier verteilt und positioniert. Wir Gäste bekamen je eine Kanzel zugeteilt, von der aus wir das Gelände beobachten konnten. Vor mir lag ein riesiger Schilfgürtel mit über mannshohen Halmen, der von den Treibern begangen wurde. Sehen konnte man sie nicht, nur in der Bewegung des Schilfes erkannte man diese Gruppe. Dabei ist mir Edwin aufgefallen. Als erfahrener Jäger führte er diese Gruppe an. Über Rufkommandos hielt er Kontakt zu jedem einzelnen in seiner Gruppe und dirigierte oder gebot Halt, dass alle aufschließen konnten. Nie den Überblick verlieren auch bei geringer Sicht. Aufeinander aufpassen. So funktioniert das. Beeindruckend.

Es ist auch jedes Mal ein Gewinn, wenn man sich kurz mit Hajo unterhält. In knappen Worten erzählt er sehr verständlich über Wildbiologie, Sozialverhalten der Sauen unter Jagddruck und anderes. Er hat während der Jagd eine Schnepfe gesehen. Eigentlich ein Zugvogel. Aber die ist bei uns geblieben. Als Standschnepfe ein Bote der Klimaerwärmung. Hajo ist beliebt. Das sieht man daran, dass sich die Jungjäger um ihn scharen, die er ausbildet. Er hat diese ansteckende Leidenschaft, mit der er sein Wissen weiter gibt. So wünscht man sich eine Jadgausbildung.

Unsere Jäger scheuen die Öffentlichkeit nicht. Bei dieser Jagd war auch eine Gemeinderätin dabei, die als Treiberin eingesetzt wurde. Auch sie war beeindruckt von der guten Organisation und dem guten Verlauf der Jagd. Wer sich unvoreingenommen einem Thema nähert, geht mit neuen Erkenntnissen und Gewinn nach Hause. Wichtig war auch, dass die Jägerschaft beim öffentlichen Waldbegang der Gemeinde im vergangenen Jahr vom verantwortlichen Forstleiter für ihre Arbeit im Wald gewürdigt wurde. So ist zum Beispiel die Jagd im neu gepflanzten Jubiläumswald ein wesentlicher Beitrag für den Erfolg dieses Wäldchens. So mancher Zweifler in der Gruppe bekam neue Sichtweisen. Heute war auch unser heimischer Filmemacher zugegen, der am Ende des Tages in einem Film seine Sichtweise zur Drückjagd des vergangenen Jahres zeigte.

Es wurde geschossen. Es fielen viele Schüsse. Am Ende waren es 30 Sauen, 34 Rehe, 2 Füchse und 6 Nutria. Das ist eine enorme Strecke nur auf der Schröcker Gemarkung und lässt staunen. Zum Glück haben die Sauen den benachbarten Sportplatz des FV Leopoldshafen noch nicht entdeckt. Und dennoch sind viele Tiere entkommen. Beim zweiten Ansitz am Nachmittag kamen Zeit versetzt drei Sauen aus dem Dickicht gerannt. Die erste nahm ich zur Kenntnis, ebenso wie die Jägerin zu meiner Linken. Das ging so schnell, dass man nicht reagieren konnte. Bei der zweiten Sau fiel ein Schuss aber auch die war zu schnell. Immerhin konnte ich sie mit der Kamera einfangen. Die dritte Sau lief ebenfalls durch. Dann besuchte mich ein Zaunkönig auf der Kanzel. Mein erster Gedanke war, falsches Objektiv! Der kleine Kerl blieb einige Momente und ich genoss den Augenblick. Später flog ein Habicht mit einer Amsel im Fang über die Kanzel und verschwand in den Baumkronen. Das sind Momente, die man nicht vergisst.

Aufschlussreich ist auch wie das Wild verwertet wird. Leben in Freiheit, Jagd, Schuss, kurzes Sterben (oder entkommen), zerteilen und verwerten des Wildes am Jagdtag. Man sieht, was man bekommt. Das ist eine geschlossene Kette, die die meisten von uns gar nicht mehr kennen. Viele kaufen Wurst und Fleischwaren beim Discounter zum Sonderpreis und wissen nicht Bescheid, dass das mit  Massentierhaltung und Gülle Problemen erkauft wird oder wollen es nicht wissen.

Jagd ist mehr als schießen. Jagd ist Kultur, ist Hege, ist Leidenschaft und Abenteuer. Das Wäldchen aus dem die Sauen kamen ist ein bedeutender Standort des Weißen Waldvögeleins, eine seltene heimische Orchidee. Weiter hinten gibt es eine Wildwiese, die im blühenden Zustand zahlreiche Insekten anlockt. Angelegt von den Jägern. Vielfalt im Wald.

Fährten und Spuren? Da gibt es einen Unterschied. Von Fährten spricht man beim Hochwild und von Spuren beim Niederwild. Und was ist der Unterschied zwischen Hoch- und Niederwild? Neugierig geworden? Dann mal einen Jäger fragen oder auf die Homepage der Jägervereinigung gehen und stöbern. Da findet man hoch interessante Themen. Über den Tellerrand zu schauen hat noch niemandem geschadet.

Lukas und Ralf Schreck – Naturfreunde

 

 

Jäger

Jäger

Jeder Einsatz ist anders. Nie weiß ich im Voraus was mich erwartet. Vom Rathaus erhalte ich Anfragen Hilfe suchender Bürger. Bitte kommen wir haben Wespen. Bitte schnell kommen wir haben Hornissen!

Als ich am Einsatzort eintraf blickte ich in ein bekanntes Gesicht, es war der Jäger vom Hardtwald. Jäger haben eine fundierte Jagd- und Naturausbildung, deshalb war die Beratung einfach. Wir begegneten uns seiner Zeit im Wald und unterhielten uns über Fotografie, Jagd und das im Hardtwald vorkommende Damwild. Jetzt hatte er Untermieter im Garten entdeckt und es war ein stattliches Hornissen Nest in einem Vogelkasten. Die Behausung war den Falken der Lüfte zu klein geworden, deshalb hatten sie außerhalb einen Anbau angelegt. Ähnlich dem Nest auf dem Friedhof in Leopoldshafen 2014. Die Besiedlung fand bereits im April statt, entdeckt wurden die Hornissen erst jetzt, beim Schneiden eines Strauches.

Was konnte man tun? Da sich das Volk bereits in der sogenannten Absterbephase  befindet, kam eine Umsiedlung nicht mehr in Frage. In den Nestwaben sind bereits Großzellen für die Jungköniginnen und die Drohnen angelegt, die demnächst schlüpfen und bald das Volk verlassen. Ende Oktober, Anfang November mit den ersten Frösten ist das Nest dann erloschen. Die Beratung war einfach. Der Jäger hatte sich bereits informiert und es wurde beschlossen den Neststandort für Mensch und Tier zu sichern. Der vordere wenig benutzte Einflugbereich wurde durch Umbinden von Zweigen verschlossen. Die hintere stark frequentierte Flug Zone über dem Nest wurde durch Beschnitt von Gesträuch erweitert. Damit war die Aktion beendet. Nennenswerte Angriffe im Nestbereich gab es nicht. Die Kamera wurde attackiert. Es herrschte aber bald wieder Ruhe.

Drei Stiche töten einen Menschen und sieben ein Pferd. Und Jäger sind Bambi Mörder. Das ist die Meinung uninformierter Bürger. Aber als „vom Landratsamt bestellter ehrenamtlicher Wespen und Hornissenberater“  kann ich mich um Klarstellung bei den Gelbjacken bemühen. Das mit den Bambis müssen die Jäger tun. Nicht immer stoße ich auf Verständnis bei meinen Berater Einsätzen. Beim Jäger war es einfach. Vielleicht liegt es auch daran, dass Hornissen ebenfalls Jäger sind? Und Jäger halten zusammen.

Ach ja, ich wurde bereits zwei Mal gestochen. Also habe ich noch ein Leben?

 

Ralf Schreck – Hornissen Freund

 

Fotos von Lukas und Ralf Schreck

 

 

Wildes Eggenstein-Leopoldshafen

Biodiversität

Fotografen sind wie Jäger. Beide wollen Beute machen. Jeder auf seine Art. Fotografen sammeln, Jäger jagen. Das sind menschliche Urinstinkte. Talent und Leidenschaft gehören dazu. Jagd muss man wollen und können. Die Jagd ist reglementiert, fordert hohe Verantwortung. Vor der ersten Jagd stehen Bildung und Unterricht. Die Jägerprüfung muss abgelegt werden. Die persönliche Eignung, der gute Leumund ist Voraussetzung. Jäger absolvieren eine tolle Ausbildung. Lernen unter anderem über Jagdrecht, Jagdwesen, Wildhege und Naturschutz, Waffen- und Schießwesen und über Wildtierkunde. Wildtierkunde, ja, das benötigen auch die Naturfotografen. Wer weiß, wo sich Tiere aufhalten, wie sie sich verhalten, wer sich in ein Tier hinein versetzen kann, kommt zum Schuss. Gute Jäger ballern nicht, sie schießen. Gute Fotografen knipsen nicht, sie fotografieren. Der Erfolg liegt im Erkunden des Geländes , dem Lesen von Spuren. Geduldiges Beobachten, eins werden mit der Umgebung, ohne das Wild zu stören oder gar zu vergrämen, denn das wäre nicht gerecht. Nicht waidgerecht.

Ruhe, Geduld und eine gute Ausrüstung sind der Schlüssel zum Erfolg. Weder der eine noch der andere kommt jedes Mal zum Schuss. Wer sich auskennt, der weiß was zu erwarten ist. Aber das ist keine Garantie für einen Erfolg. Es sind die Erlebnisse draußen. Jeder Tag, jede Jahreszeit ist anders und hat seine Reize. Die aufgehende Sonne, der unter gehende Mond, die fantastischen Lichtstimmungen. Das heran nahende Gewitter, der leise fallende Schnee. Die Rückkehr der Mauersegler, das Flöten des Pirols. Ruhe erfahren, inne halten, Gedanken sortieren.

Plötzlich fliegt ein Silberreiher heran und watet am Kanal im flachen Wasser. Er ist sein eigener Treiber, denn er breitet seine Flügel aus, stakt im Wasser und scheucht Fische auf, die er mit seinem Schnabel speert. Im Feld daneben präsentiert sich ein bunter Fasanengockel vor seinen Hennen, die zunächst noch in der Deckung sind. Unser Versteck ist gut, dabei sind wir nur wenige Meter vom Feldweg entfernt am Rande des Maisfeldes. Dann tritt die Ricke aus dem Wald. Wenig später taucht ein Fuchs auf dem Acker auf. Vor lauter Beobachten und Begeisterung fast das Fotografieren vergessen.

Wir kennen uns aus in unserem Revier. Wir wissen wann und wo die ersten Weiden blühen. Wir kennen Nieswurz, Bärlauch und Co. Und wissen, dass wir dort im Frühling die ersten Hummel Königinnen entdecken. Die Südseiten unserer Rheindämme sind ein Paradies für Wildbienen. Wir haben einzigartige Orchideen Standorte und kennen eine Wiese mit Herbstzeitlosen. Das eine hängt vom anderen ab. Das ist erlebte Ökologie. Jäger wissen das auch, die kennen Naturzusammenhänge. Die wissen was Biodiversität bedeutet. Und nicht nur Fotografen sollten sich damit beschäftigen. Nur was man kennt, wird als schützenswert betrachtet. Und wir müssen schützen!

Die folgenden Bilder stammen von Lukas und Ralf Schreck und wurden im Umfeld von Eggenstein-Leopoldshafen aufgenommen, unserer Heimat.

Draußen im Rheinwald

Vielfalt

Samstag früh im Rheinwald. Das Wetter nasskalt. Lukas und ich waren mit unserer Fotoausrüstung zeitig an einem unserer Ansitzplätze, wie so oft an einem Wochenende. Zum Beobachten und um die heimische Natur zu genießen. Doch heute war es anders, wir waren nicht alleine. Wir wurden eingeladen zur jährlichen Treibjagd. Das heißt, die Film AG fragte an, ob wir kommen dürfen und wir wurden freundlich empfangen. Ein Jäger war an diesem ereignisreichen Tag unser Begleiter und Pate. Ausgangspunkt war die Halle am Baggersee im Hopfengarten Leopoldshafen. Jäger und Treiber betreten die Halle. Man kennt sich und begrüßt sich herzlich, von Beginn an eine angenehme Stimmung unter den etwa 80 Beteiligten.

Vor der Jagd stehen jede Menge Logistik und Organisation. Im Vorfeld wird das Gelände erkundet und die Jagdstände festgelegt, damit eine akkurate Einteilung der Jäger und Treiber stattfinden kann. Öffentliche Straßen und Waldwege werden mit Hinweisschildern zur Jagd versehen. Sicherheit wird groß geschrieben, denn es wird scharf geschossen. Die Jagdleitung registriert die Jäger unter Vorlage der entsprechenden Papiere und gibt konkrete Anweisungen, was und wie gejagt wird. Man spürt die große Verantwortung, die die Teilnehmer auf sich genommen haben. Alles läuft in Ruhe und geordnet ab. Das beeindruckt. Und wir beide als „Außenseiter“, als Beobachter, waren sofort akzeptiert.

Jäger bekommen oft Schelte. „Warum schießt ihr Rehe tot?“ heißt es oder „Warum füttert ihr Wildschweine?” Vor einem Urteil sollte stets Information und Bildung stehen. Was machen Jäger? Tiere zu schießen ist nur ein Teil ihrer Arbeit. Wildschadensbegrenzung ist auch die Anlage von Wildäckern im Wald oder die Aufstellung mobiler Zäune, um das Wild zu leiten. Es lohnt sich im Internet über Jagd zu stöbern und nachzulesen, was z. B. Waidgerechtigkeit bedeutet. Wir leben in einer Kulturlandschaft, deshalb brauchen wir unsere Jäger. Vermaisung der Landwirtschaft! Ein Paradies für Wildschweine! Sind daran die Jäger schuld? Es steckt mehr dahinter und es geht alle an.

Jagd muss man wollen und können. Jäger töten. Sechzehn Rehe, acht Wildschweine, zwei Füchse und drei Nutria wurden zur Strecke gebracht. Von Mordlust keine Spur. Am Ende des Tages würdigen die Jagdhornbläser das erlegte Wild durch das so genannte Verblasen. Man hält inne. Das beeindruckt ebenfalls. Welcher Metzger macht das? Das Wild wird zerwirkt. Es geht blutig zu. Es ist eine Notwendigkeit, denn das Fleisch wird verwertet. Das machen Metzger auch. Dieses Wild kommt aus reiner Freilandhaltung und hatte einen schnellen Tod. Reines Biofleisch. Kein wertloses Massenprodukt.

Auch die Hunde beeindruckten. Sie hören aufs Kommando, auch ohne Leine. Wer kann das von seinem Hund behaupten? Die Treiber wurden klitschnass. Ein Murren hörte man nicht. In den Pausen konnte man sich aufwärmen und es gab reichlich Vesper, vorbereitet von den Jägerfrauen. Beim Schüsseltreiben mit Wildschweingulasch wurde dieser Tag beendet. Man liest wenig von unseren Jägern im Amtsblatt. Dabei wissen sie so viel über Natur und kennen Wald und Flur wie kein anderer. Die Agenda Gruppe Umwelt organisierte 2015 ein öffentliches Treffen mit unserer Jägerschaft. Das war informativ und aufschlussreich. Vielleicht lässt sich das wiederholen? Beim jährlichen Waldbegang sind sie ebenfalls dabei. Zu unserer Vielfalt in der Gemeinde gehören die Jäger, auch wenn sie in der Öffentlichkeit zurück haltend sind.

Ach ja, Fotos haben wir auch gemacht, ich habe ein paar fliehende, unscharfe Rehe. Aber das ist nicht tragisch. Die heutigen Erlebnisse und Erkenntnisse zählen mehr.

Lukas und Ralf Schreck – Film AG und Naturfreunde