Eggensteins weißes Gold

Eggensteins weißes Gold

Nein, ich meine nicht den Kies. Das ist eine andere Geschichte. Wenn ich samstags Doris zur Arbeit bringe, komme ich an den Flächen vorbei. Und das ist übers Jahr betrachtet äußerst interessant. Im zeitigen Frühjahr sind die Äcker noch eben und liegen brach. Irgendwann sieht man dann den ersten Traktor am Horizont, der die Dämme formt. Hochwasserschutz? Nein mein Freund, es geht um Spargel! Dann weiß ich, es kommt wieder die leckere Spargelzeit. Vorfreude auf sinnliche Genüsse stellt sich ein.

Nach den Dämmen kommt das Plastik. Eine Woche später ist alles weiß. Wenn man flüchtig hinschaut könnte man denken: Hat´s jetzt noch geschneit? Das gab es früher nicht. Früher waren die Dämme alle nackig. Seit 1850 gibt es Spargelbau bei uns im Ort. Wir haben sandige Böden das mag der Spargel. Unsere Chronik sagt, dass 1964 (das ist meine Kinderzeit) 310 Pflanzer den Spargel auf 32 ha angebaut haben. Viele Einheimische haben Äcker und Wiesen und diese hat man als sogenannte Nebenerwerbsbauern bewirtschaftet. Wir Kinder sind oft geradelt und haben den Spargelstechern beim Ernten zugesehen. Wir haben gestaunt, wie flott das ging. Es ist wie eine Schatzsuche. Man muss den Riss am glatten Damm finden, dann gehen die Finger dort in die Tiefe, das Messer setzt an und der Schatz ist geborgen. Mit der Volkschule sind wir in Heimatkunde zum Spargelfeld und bekamen das erklärt. Ich war stolz, denn ich kannte das schon.

Heute gibt es weniger Spargelbauer und die bewirtschaften größere Flächen. Die Vliese und Folien, die zum Einsatz kommen sind Erntehelfer. Sie bewirken eine schnellere Erwärmung der Böden. Der Spargel kommt früher auf den Markt. Der Bauer erzielt gute Preise und wir können früher genießen. Die eigentlichen Erntehelfer sind die Spargelstecher. Früher waren das die Einheimischen heute sind es Menschen aus Polen, Rumänien und Kroatien. Und die sind bei Wind und Wetter draußen, um für uns Nachschub zu sorgen. Die Landwirtschaft kennt keinen acht Stunden Tag und in der Saison auch kein Wochenende. Das sollten wir wertschätzen wenn wir beim Festmahl am Weißen Sonntag beisammen sitzen und den Spargel genießen. Ich kenne noch den Begriff „Gastarbeiter“. Gäste wollen wir doch gut behandeln! Wir dürfen nicht vergessen, man rief nach Arbeitskräften und es kamen Menschen. Es sollte uns deshalb auch Wert sein für Spargel mehr zu bezahlen, weil man jetzt (endlich?) den Mindestlohn erfunden hat.

Spargel ist eine heimische Kultur. Kurze Wege, Verkauf direkt am Ort. Keine langen Transporte, günstige CO2 Bilanz. Und es wird nachhaltig bewirtschaftet, das kann man beobachten. Staunen muss ich auch, wie unsere landwirtschaftlichen Betriebsleiter das alles organisieren. Anbau, Logistik, Maschineneinsatz, Transporte, Verkauf, Verwaltung, Bürokratie. Am meisten staune ich, wenn ich den Spargeldammpflug beobachte. Dann bin ich wieder Kind. Ja, staunen kann man nur in Echtzeit. Das geht nicht digital. Also, mal wieder raus gehen und schauen, wie Spargel gemacht wird. Spargel gehört zu Eggenstein.

Ralf Schreck – Spargelfreund

 

Gartenbau einst in Eggenstein

Gartenbau früher in Eggenstein

Ja, Eggenstein ist ein Gärtnerdorf. Auch heute noch. Heute gibt es weniger Betriebe und die Landwirtschaft ist mehr mit eingebunden, wenn man an die Sonderkulturen wie Erdbeeren und Spargel denkt. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in Eggenstein 24 Gärtnereien. Im Einwohnerbuch von 1970 tauchen noch etliche Betriebe auf. Namen wie Dürr, Köhler, Nagel, Oesterle, Rupp, Teuscher, Westenfelder und andere sind auch heute noch bekannt.

Zu meiner Kinderzeit, also vor fünfzig Jahren, gab es noch mitten im Ort Gärtnereien. Dort, wo heute die Schröcker Mütze ist, in der Nähe des Rathauses, war früher eine Gärtnerei, in der meine Mutter zum Einkaufen ging. Was man selbst nicht angebaut hat, hat man in der Gärtnerei bekommen. Ich kann mich noch an die typischen Dreirad Gärtnerautos erinnern. Es gab damals nicht viele Autos im Ort aber die „Pfupferle“, wie wir sie nannten, waren präsent.

Zur Blütezeit der Gärtnereien gab es für Gemüse und Schnittblumen 60 ha im Freilandanbau und 35 ha Glashausflächen. Das waren schon beachtliche Größen. Die Ernteerzeugnisse und auch die Schnittblumen wurden zum großen Teil auf dem Blumengroßmarkt Karlsruhe feil geboten. Die Fotos von den Marktfrauen und den floralen Gebinden hat Herr Schäfer (Leiter Großmarkt Karlsruhe) zur Verfügung gestellt. Sie stammen von der alten Markthalle, am Ort des heutigen Badischen Staatstheaters. Bei der Raiffeisen Zentralgenossenschaft konnte man Gartenbaubedarf kaufen.

Ein Teil der Bilder haben wir eingemeindet, da wir kein heimisches Anschauungsmaterial haben und stammen vom Gärtner und Häcker Museum Bamberg. Das Pfupferle steht im Freilandmuseum Bad Windsheim. Im Kinderwagen liegt mein großer Bruder Thomas. Das war 1956 in der Hauptstraße vor der Gärtnerei Dürr. Das Bild vom Ochsenkarren stammt von Frau Rosemarie Schnürer. Da wird in der Friedrichstrasse Ecke Moltkestrasse ein Fass transportiert. Vielleicht ein Gülletransport für eine Gärtnerei? Die hölzerne Schubkarre und den Handwagen haben wir bei den Hasebockern entdeckt. Schätze mit Vergangenheit.

Ralf Schreck – Gärtner Freund

 

 

 

Frühling im Rheinwald

Frühling im Rheinwald

David hat die Schlüsselblumen entdeckt. Und den Bläuling. Und den Igel. Alleine wäre der Spaziergang nur halb so schön gewesen. Der Frühling lässt sich jetzt nicht mehr aufhalten. Die Natur weiß was sie macht. Es blüht und grünt an allen Orten. Auch die ersten Schmetterlinge, wie Bläuling, Pfauenauge, Admiral, Großer Fuchs und Zitronenfalter kommen aus der Überwinterung. An den blühenden Weiden finden sie Nahrung. Am Boden blühen Schlüsselblumen, Scharbockskraut, Buschwindröschen, Lerchensporn. Am Ehrenpreis kann man die Hummelköniginnen treffen. Die werden in Kürze Nester und darin ihren Staat gründen. Noch müssen sie alles alleine machen. Hummeln sind früh unterwegs. Sie fliegen bereits bei Temperaturen, bei denen die Honigbienen noch frierend im Stock sitzen. Hummeln sind gut bepelzt.

Wir können von der Natur lernen. Alles ist aufeinander abgestimmt. Am Damm schlüpfen die Sandbienen, die Hummeln kommen aus dem Winterquartier und zur gleichen Zeit blühen die Weiden und die ersten Frühlingskräuter. Vor zwei Wochen war noch vieles kahl im Wald und in den Hecken. Jetzt erneuert sich die Natur und man kann förmlich zuschauen, wie neues Leben entsteht. Bald ist Ostern und wir feiern die Auferstehung Jesu. In unserem Rheinwald können wir das bereits erleben.

Es war ein schöner Spaziergang. Wie in alten Zeiten. Zur Vesperzeit kamen wir zufälliger Weise beim neuen Cafe in der Hauptstraße vorbei, wo wir uns stärkten. Danach gingen wir ins Wäldchen unterhalb des Autohauses, wo David den Igel fand. Die Hummeln, Sand- und Mauerbienen sind auch dort unterwegs. Wir haben dort auch zwei hübsche Mädchen getroffen, Veronica und Viola. So erleben wir bei uns den Frühling. Im Ort sieht man jetzt überall die gelb blühenden Forsythien. Die sind jedoch nur für Menschen interessant. Für unsere heimische Tierwelt sind sie absolut wertlos, da sie nichts anzubieten haben.

Ralf Schreck – Frühlingsfreund

 

Natur in Eggenstein-Leopoldshafen

Natur in Eggenstein-Leopoldshafen

Die Natur in unserer Doppelgemeinde ist sehr vielgestaltig und ebenso vielfältig kann sie von ihren Bürgern genutzt werden. Im Hochgestade haben wir den Hardtwald, der vom Pfinzentlastungskanal geteilt wird. Der ortsnahe Wald lockt Walker, Jogger, Radler, Spaziergänger und natürlich auch die reinen Naturfreunde gleichermaßen. Wer die Stellen kennt sieht Dam- und Rehwild, am Kanalufer jagt der Graureiher und man begegnet Enten und Teichhühnchen. Zu früher Stunde erlebt man dort auch spektakuläre Sonnenaufgänge. In unseren schwül heißen Hochsommern suchen und finden wir dort die ersehnte Abkühlung.

Im Tiefgestade erwarten uns die landwirtschaftlichen Kulturflächen, die von Wiesen und Obstalleen umgeben sind und natürlich unsere einzigartigen Auenwälder. Die Tier- und Pflanzenwelt ist dort noch vielgestaltiger als im Hardtwald. Die Angler und Reiter, die man dort unten trifft, können das bestätigen. Das Erleben der Obstblüte am Kirschendamm, die vorbei huschenden Eisvögel bei der Albrenaturierung locken zahlreiche Naturfreunde. Ein Ausflug zur Belle bei Eggenstein ist ebenso erbauend wie der Besuch der Reiherkolonie am alten Hafen bei Leopoldshafen. Auch der benachbarte Vogelpark ist Teil unserer Naturlandschaft.

Das Schöne an unseren Naturräumen ist, dass sie alle sehr schnell zu erreichen sind und Jung und Alt große Freude bereiten.

Ralf Schreck – Natur Freund

 

Nieswurz und Hummel

Nieswurz und Hummel – Rheinwald Spaziergang

Am Waldrand leuchtete es hellgrün und das schon im Februar. Später haben wir dann noch eine Tussi gesehen. Aber zunächst zum Leuchten. Das ist eine kleine Kolonie der Stinkenden Nieswurz. Ja, richtig gelesen, stinkend. Beim Zerreiben der Blätter riechen diese streng bitterlich. Helleborus foetidus heißen diese immergrünen Halbsträucher und foetidus heißt übersetzt stinkend. Sie ist mit unserer Christrose verwandt (Es blüht eine Rose zur Weihnachtszeit).

Diese heimischen Vorfrühlingsblüher sind wichtig für die aus der Überwinterung gekommenen Hummel Königinnen. Das Hummelvolk ist zum Jahresende abgestorben, die verpaarten und befruchteten Königinnen haben als einzige des Staates überwintert. Jetzt finden sie die erste Nahrung, stärken sich und gründen einen neuen Staat. Alleine. Erst wenn genügend Arbeiterinnen heran gewachsen sind, bekommt sie Unterstützung. Hummel Königinnen sehen wir jetzt auch auf unseren Friedhöfen. Dort gibt es Erika, Winterheide, die ebenfalls reichlich Nektar bietet.

Die Tussi war nicht alleine. Es war eine kleine Gruppe, die mit ihren gelben Blüten um die Wette strahlten. Eigentlich heißen die Tussilago farfara, Huflattich auf Deutsch. Aber Tussi kann man sich besser merken. Erst kommen die Blüten, später die Laubblätter. Huflattich ist ebenfalls eine unserer früh blühenden Pflanzen.

Wie die Haselnuss. Diese Sträucher verraten ihre Existenz bereits Ende Januar, wenn die gelben Blütenwürstchen erscheinen und die Sträucher dann am Waldrand auffallen. Die Hasel ist einhäusig und getrennt geschlechtlich. Das bedeutet, männliche und weibliche Blüten befinden sich auf derselben Pflanze, sind jedoch örtlich voneinander getrennt. Es lohnt sich diese Blüten einmal genauer zu betrachten. Die Männer sind die mit den Zipfeln und die Frauen sind die mit den kleinen rötlichen Narben, die aus der Knospe heraus schauen. Botanik ist gar nicht so schwer und kann lustig sein.

Tolle Erlebnisse in den Auenwäldern unserer Gemeinde Eggenstein-Leopoldshafen. Nur der kalte Ostwind war heute etwas unangenehm.

Ralf Schreck – Tussi Freund

 

Am Baggersee von Eggenstein

Am Baggersee bei Eggenstein

Am Samstag war ich am Baggersee und was muss ich sehen? Strand, soweit das Auge reicht! Dieses Jahr fliegen wir nicht nach Malle! Dieses Jahr bleiben wir hier, denn der Strand wurde so toll hergerichtet, dass es eine wahre Freude ist. Es wurde auch bereits eine erste Strandgesellschaft gesichtet, die die Gunst der Stunde genutzt hat. Der Sommer kann kommen. Darauf dürfen sich die Badegäste jetzt schon freuen, vor allem Familien mit Kindern, die dort Spaß und Zeitvertreib haben werden. Schade ist nur, dass der Strand jetzt bereits schon als Hundeklo missbraucht wird.

Am Baggersee habe ich schwimmen gelernt. Zwar nicht am „Fuchs und Gros“ aber gegenüber am „Kopf“. Damals war der Kopf See noch zweigeteilt. Es gab einen kleinen Bereich, der über eine Landbrücke vom großen Teil getrennt war. Im kleinen Teil konnte man schwimmen lernen, weil das Ufer lange flach war. Danach wurde es tiefer und das Wasser dort war so klar, dass man fast bis auf den Grund schauen konnte. Zu Weihnachten wünschten wir uns Taucherbrille und Flossen. Wir konnten kaum den Sommer erwarten. Wir kannten die atemberaubenden Dokumentationen von Hans Hass im damals schwarzweißen Fernsehen. Jetzt konnten wir die uns unbekannte heimische Unterwasserwelt selbst erkunden. Und das war atemlos! Zwischen den meterlangen Unterwasserpflanzen beobachteten wir zahlreiche Fischarten im kristallklaren Wasser. Mein Bruder und ich verließen das Wasser erst, als wir uns vor Kälte kaum noch regen konnten. Mit blauen Lippen und leichtem Schüttelfrost wärmten wir uns am Strand auf, um anschließend den nächsten Schnorchelgang anzutreten.

Unsere Baggerseen waren damals noch in heimischer Hand. Da sah man auch noch den Kiebitz im näheren Bereich. Der ist dort heute verschwunden. Und am Kopf darf man heute auch nicht mehr baden. Dafür wurde der „Fuchs und Gros“ hergerichtet.

Also, dieses Jahr nicht nach Malle! Strand in Eggenstein ist angesagt. Dieses Jahr ist es sowieso besser hier zu bleiben, denn in unserem 1250 Jubiläumsjahr gibt es zahlreiche Veranstaltungen, die tolle Erlebnisse versprechen.

Ralf Schreck – Baggersee Freund

 

Am alten Hafen von Schreck

Am alten Hafen von Schreck

Wir haben doch den Urwald vor der Haustüre! Hinterm Deich beim Vogelpark gehen wir zum ehemaligen Kranfundament und genießen die Aussicht auf den alten Hafen. Der Blick geht natürlich zunächst zur historischen Fähre und dann zu den Fischern, die in ihren Nachen sitzen, angeln und ebenfalls Natur und Landschaft genießen. Ein Schwanenpaar fliegt mit rauschenden Flügelschlägen vorbei und landet schließlich wie Wasserskiläufer im Wasser. Dabei fühlt sich die dort ansässige Nilgansfamilie belästigt und schimpft lautstark in Gänsemanier. Am gegenüber liegenden Ufer fallen die alten Bäume auf. Weiden und Pappeln. Knorrige Baumriesen. Im höchsten sitzen junge Graureiher, die die heran kommenden Altvögel um Futter anbetteln. Dieser Landstrich wird durch die wechselnden Wasserstände geprägt. Bei Niedrigwasser lohnt es sich einmal in diesen Bereich hinein zu sehen. Vom anderen Damm kommend ist das möglich. Am Rand gibt es eine absterbende Weide, die die auffällig orangefarbenen Fruchtkörper des gelben Schwefelporlings trägt. Weiter innen im Gelände gibt es umgestürzte Baumriesen, die nur scheinbar tot sind. Aus schlafenden Knospen am Stamm wachsen neue Triebe, die versuchen den Umgestürzten noch eine Weile am Leben zu erhalten. Langeweile? Weit gefehlt. Jeder Spaziergang bietet neue Beobachtungen und Abenteuer. Auch die interessanten Schautafeln zur Geschichte des Hafens sind beachtenswert. Und das direkt vor unserer Haustüre in unserem schönen Leopoldshafen.

Ralf Schreck – Naturfreund aus Schr(ö)eck

 

Der alte Bahnhof in Eggenstein

 

Der alte Bahnhof Eggenstein

Ganz in der Nähe des Bahnhofs bin ich geboren. Zuhause. Ja, das war zu dieser Zeit noch üblich. Tante Erna, die Hebamme, wohnte ja gerade nebenan. Sie wird in Eggenstein unvergessen bleiben, hat sie doch damals geholfen fast alle Kinder im Ort zur Welt zu bringen.

Den Bahnhof kannten wir gut. Wir, das sind mein großer Bruder Thomas und ich. Wir waren damals unzertrennlich, wie das bei Geschwistern auch heute noch üblich ist. Auch die Güterhalle kannten wir noch. In der Nähe gab es auch ein Holzlager. Wir nannten das „die Bretter“. Komm, lass uns zu den Brettern gehen, sagte Thomas. Dann sind wir abgezogen. Zu Hause haben wir gesagt, wir gehen spielen. Die Bretter haben wir verschwiegen, denn die waren verboten. Aber wir kannten das Loch im Zaun und da sind wir durch. Wir hatten dort eine verborgene Stelle, die wir aufsuchten. Wir waren frei und tauschten unsere Geheimnisse aus. Ein Platz, der verboten aber gut für uns kleine Jungs war. Jedes Mal, wenn ich am alten Bahnhof vorbei komme, muss ich an „unsere Bretter“ denken.

Ganz früher hatten wir noch kein Auto. Unser Papa hatte ein Moped. Auf dem Gepäckträger gab es aber nur Platz für ein Kind. Also ist er am Wochenende abwechselnd mit uns eine Runde gefahren. Manchmal, am Sonntag, sind wir dann nach Karlsruhe in den Zoo. Das war jedes Mal ein tolles Ereignis. Und dorthin sind wir mit der Eisenbahn gefahren. Zu Beginn noch mit der richtigen Dampfeisenbahn, später mit dem roten Schienenbus. Vom Hauptbahnhof aus war es nur ein Katzensprung zum Stadtgarten.

Plötzlich war die Bahn nicht mehr gefragt und man hat sie abgeschafft. Der Individualverkehr wurde erfunden. Das Blatt hat sich jedoch wieder gewendet und man hat die heute unverzichtbare Straßenbahn in die Hardtdörfer geholt. Meine beiden Söhne haben kein Auto aber eine Monatskarte und mit der kommen sie überall hin.

Ralf Schreck – Bretter Freund

 

Wilder Wein und Weinschwärmer

Wilder Wein und Weinschwärmer

Plötzlich war der Wein da. Mitgebracht von einem Vogel. Das unverdaute Samenkorn wurde im Magen und Darm des Vogels stratifiziert. Es wurde durch den Aufenthalt und der Passage im Vogel keimfähig gemacht. Die süße Traube durfte er behalten. Jetzt war sie da die Weinrebe, Vitis vinifera. An einem Platz, an dem wir sie nicht gebrauchen konnten. Die ersten Jahre ließ sie sich an Ort und Stelle im Vorbeigehen immer abschneiden. Eines Jahres ging das nicht mehr, denn die Triebe wurden immer holziger. Also gab ich nach und spannte ein starkes Seil vom Stamm der Rebe bis in die Krone unseres Amberbaumes. Diese Kletterhilfe wurde alsbald angenommen und der Wein konnte machen was seine Bestimmung war. Er wuchs zu seinem Platz an der Sonne. Der Gartenfrieden war wieder hergestellt.

Deilephila elpenor ist ein komplizierter Name aber das ist die wissenschaftliche Bezeichnung für den Mittleren Weinschwärmer. Er ist ein Nachtfalter und wir entdeckten ihn eines Morgens, wie er frisch geschlüpft an einem Halm saß, um seine Flügel mit Flüssigkeit zu füllen. Wer sich dabei zu schnell bewegt, hat verloren. So geschehen, als eine unserer Eidechsen einen „frischen“ Weinschwärmer entdeckte und ihn sich als Beute erkor. Die Echse war nur mittel groß aber recht halbstark. Es dauerte 15 Minuten, bis sie den Schwärmer nieder gerungen hatte und schließlich begann ihn aufzufressen. So ist das Leben im Naturgarten. Ein Geben und Nehmen.

Mitte August, beim Auslichten der Weinrebe, hatte ich plötzlich eine Raupe des Schwärmers in der Hand. Eine gewaltig fette Raupe. Vielleicht nicht Jedermanns Sache aber sehr eindrucksvoll. Die Raupen verpuppen sich in Bodennähe in einem Gespinst aus Pflanzenteilen. Der Falter schlüpft im nächsten Jahr. Die Literatur sagt, dass man die Raupen nur selten am Wein findet. Häufige Futterpflanzen sind Weidenröschen, Fuchsien und Blutweiderich. Letzteren haben wir auch. Dieses Jahr werden wir genau beobachten an welcher Pflanze die Tafel gedeckt ist.

Ich trinke gar keinen Wein. Die geschenkten Weinflaschen stapeln sich bei uns hinterm Sofa.

Ralf Schreck – Wein Freund

 

Das alte Rathaus in Eggenstein

Das alte Rathaus in Eggenstein

Bewusst habe ich den Abriss des Rathauses 1964 nicht wahrgenommen. Damals war ich noch ein kleiner Bub. Aber die Störche auf dem Kirchendach habe ich beobachtet. Die konnte man, bevor man in die Volksschule gegangen ist, sehen. Mein älterer Bruder bekam damals dort noch „Tatzen“. Als ich 1964 eingeschult wurde, hatte man diese Erziehungsmethode abgeschafft. Die Störche konnte man dann noch einige Jahre beobachten, dann sind sie verschwunden. Auf der Postkarte von 1900 (Quelle: Heimatmuseum Leopoldshafen) ist sogar ein Storch im Nest zu sehen. Das Rathaus ist das Gebäude rechts.

Das Gebäude war alt und es war zu klein geworden für die inzwischen größer gewordene Gemeinde. Nachdem in der Ortsmitte ein Neubau bezogen wurde, hat man das alte Rathaus abgerissen. Der Platz vor der evangelischen Kirche wurde neu gestaltet und man hatte jetzt einen freien Blick auf die Kirche. So hatte man damals im Gemeinderat entschieden.

Der neue Kirchplatz war beliebt. Auf dem Kirchenmäuerchen sah man Jung und Alt zusammen sitzen. Eine Jungschargruppe wurde einmal von einer Partnergemeinde liebevoll als „Eggsschtoiner Kirchstoihogger“ bezeichnet. An das alte Rathaus erinnerte eine Sandsteintafel an dieser Mauer.

Fünzig Jahre später wurde im Rahmen der Hauptstraßen Sanierung der Kirchplatz neu gestaltet. Er ist jetzt noch offener und einladender geworden. Eine Begegnungsstätte nicht nur für Kirchgänger. Ein Juwel in unserer Hauptstrasse.

Mein Vater hat als junger Mann schon fotografiert. Das war damals nicht so alltäglich wie es heute ist. Deshalb sind wir froh, dass wir einige Fotos aus den 50er und 60er Jahren von der Eggensteiner Hauptstraße haben. Erlebte Geschichte in Eggenstein. Bilder von Philipp und Ralf Schreck.

Ralf Schreck – Geschichtsfreund