Draußen im Rheinwald

Vielfalt

Samstag früh im Rheinwald. Das Wetter nasskalt. Lukas und ich waren mit unserer Fotoausrüstung zeitig an einem unserer Ansitzplätze, wie so oft an einem Wochenende. Zum Beobachten und um die heimische Natur zu genießen. Doch heute war es anders, wir waren nicht alleine. Wir wurden eingeladen zur jährlichen Treibjagd. Das heißt, die Film AG fragte an, ob wir kommen dürfen und wir wurden freundlich empfangen. Ein Jäger war an diesem ereignisreichen Tag unser Begleiter und Pate. Ausgangspunkt war die Halle am Baggersee im Hopfengarten Leopoldshafen. Jäger und Treiber betreten die Halle. Man kennt sich und begrüßt sich herzlich, von Beginn an eine angenehme Stimmung unter den etwa 80 Beteiligten.

Vor der Jagd stehen jede Menge Logistik und Organisation. Im Vorfeld wird das Gelände erkundet und die Jagdstände festgelegt, damit eine akkurate Einteilung der Jäger und Treiber stattfinden kann. Öffentliche Straßen und Waldwege werden mit Hinweisschildern zur Jagd versehen. Sicherheit wird groß geschrieben, denn es wird scharf geschossen. Die Jagdleitung registriert die Jäger unter Vorlage der entsprechenden Papiere und gibt konkrete Anweisungen, was und wie gejagt wird. Man spürt die große Verantwortung, die die Teilnehmer auf sich genommen haben. Alles läuft in Ruhe und geordnet ab. Das beeindruckt. Und wir beide als „Außenseiter“, als Beobachter, waren sofort akzeptiert.

Jäger bekommen oft Schelte. „Warum schießt ihr Rehe tot?“ heißt es oder „Warum füttert ihr Wildschweine?” Vor einem Urteil sollte stets Information und Bildung stehen. Was machen Jäger? Tiere zu schießen ist nur ein Teil ihrer Arbeit. Wildschadensbegrenzung ist auch die Anlage von Wildäckern im Wald oder die Aufstellung mobiler Zäune, um das Wild zu leiten. Es lohnt sich im Internet über Jagd zu stöbern und nachzulesen, was z. B. Waidgerechtigkeit bedeutet. Wir leben in einer Kulturlandschaft, deshalb brauchen wir unsere Jäger. Vermaisung der Landwirtschaft! Ein Paradies für Wildschweine! Sind daran die Jäger schuld? Es steckt mehr dahinter und es geht alle an.

Jagd muss man wollen und können. Jäger töten. Sechzehn Rehe, acht Wildschweine, zwei Füchse und drei Nutria wurden zur Strecke gebracht. Von Mordlust keine Spur. Am Ende des Tages würdigen die Jagdhornbläser das erlegte Wild durch das so genannte Verblasen. Man hält inne. Das beeindruckt ebenfalls. Welcher Metzger macht das? Das Wild wird zerwirkt. Es geht blutig zu. Es ist eine Notwendigkeit, denn das Fleisch wird verwertet. Das machen Metzger auch. Dieses Wild kommt aus reiner Freilandhaltung und hatte einen schnellen Tod. Reines Biofleisch. Kein wertloses Massenprodukt.

Auch die Hunde beeindruckten. Sie hören aufs Kommando, auch ohne Leine. Wer kann das von seinem Hund behaupten? Die Treiber wurden klitschnass. Ein Murren hörte man nicht. In den Pausen konnte man sich aufwärmen und es gab reichlich Vesper, vorbereitet von den Jägerfrauen. Beim Schüsseltreiben mit Wildschweingulasch wurde dieser Tag beendet. Man liest wenig von unseren Jägern im Amtsblatt. Dabei wissen sie so viel über Natur und kennen Wald und Flur wie kein anderer. Die Agenda Gruppe Umwelt organisierte 2015 ein öffentliches Treffen mit unserer Jägerschaft. Das war informativ und aufschlussreich. Vielleicht lässt sich das wiederholen? Beim jährlichen Waldbegang sind sie ebenfalls dabei. Zu unserer Vielfalt in der Gemeinde gehören die Jäger, auch wenn sie in der Öffentlichkeit zurück haltend sind.

Ach ja, Fotos haben wir auch gemacht, ich habe ein paar fliehende, unscharfe Rehe. Aber das ist nicht tragisch. Die heutigen Erlebnisse und Erkenntnisse zählen mehr.

Lukas und Ralf Schreck – Film AG und Naturfreunde

 

 

Unser Baum

Heimat Hardtwald

Unser Baum

Bis zum samstäglichen Familientreffen waren noch zwei Stunden Zeit, also beschloss ich wieder einmal in den Hardtwald zu radeln. Der frühherbstliche Wald mit seinen Gerüchen und einzigartigen Farben ist ein lohnendes Ziel. Und doch wurde es mehr als nur ein Zeitvertreib. Sobald mich die ersten Bäume umgeben verlieren sich die Gedanken im Grün. Der Alltag und seine Hektik und all die Sorgen sind wie verschwunden. Herbstlaub rieselt, die stachelig behüllten Esskastanien fallen zu Boden, Pilze sprießen auf einem Baumstumpf. Eine kleine Idylle am Wegesrand. Beim nächsten Halt fand ich mich beim Absturzbauwerk des Pfinzentlastungskanals an der Grabener Allee wieder. Bei der Bank bückte ich mich automatisch und hob eine Handvoll Kastanien auf. Und plötzlich waren sie wieder da. Die Erinnerungen an die Kindheit. Unser Papa machte mit Thomas und mir regelmäßig Spaziergänge hierher. Dieser Ort war uns vertraut. Und die Kastanien, die Bäume und Blumen und die Tiere. Die Forsthütte nannten wir Kinder „Zwergenhäuschen“. Papa war streng und wir mussten unter seinen Jähzorn Ausbrüchen leiden aber diese Spaziergänge bleiben unvergessen. Manchmal gingen wir weiter zum Monumenthaus in der Nähe und zu „unserem Baum“. Das war eine mächtige Rotbuche, die etwas versteckt abseits des Waldweges stand. Bei jedem Besuch unseres Baumes holte Papa sein Taschenmesser heraus und schnitzte einen Buchstaben unseres Vornamens in die Rinde. Thomas, der Ältere, bekam zuerst seinen Namen verewigt, danach kam ich dran. Wir waren stolz darauf. In der Zwischenzeit war unsere kleine Schwester alt genug, um mit laufen zu können. Und sie bekam ebenfalls ihr Namensdenkmal. Das fand ich besonders beeindruckend, denn Christiane hatte viele Buchstaben und ich war gespannt, wie der fertige Name einmal aussehen würde.

Das Monumenthaus gibt es noch, auch wenn es heute anders aussieht. 1973 ist es abgebrannt und wurde dann als offene Hütte wieder aufgebaut. Das Monument aus Stein steht noch, die Schwengelpumpe ist still gelegt. In den 1960er Jahren haben wir dort noch gepumpt. Ob es „unseren“ Baum noch gibt weiß ich nicht. Ich habe auch nicht mehr nach ihm gesucht. Ein Grund mehr wieder zu kommen.

Mama war selten bei diesen Spaziergängen dabei. Vielleicht war sie auch froh, dass sie uns Lausbuben für ein paar Stunden los war …

Ralf Schreck – Baumfreund

 

 

Schwarzwald und Ortenau

Im schönen Schwarzwald und in der schönen Ortenau

Viele Kurven gibt es. Berge und Täler. Und das bedeutet Aussichten, schöne Aussichten. Aussichten in einer derartigen Vielfalt haben wir so noch nie gesehen. Das war Fern sehen in seiner schönsten Form. Und jeden Abend gab es ein neues Programm. Keine Wiederholungen. Einfach nur grandios. Eigentlich fehlen nur noch ein Gewitter und eine Schneelandschaft. Ein Grund mehr wieder zu kommen.

Die Verbindung unserer Heimat in die Ortenau und in den Schwarzwald ist die „Maria Mutter der Strasse“ bei der Wallfahrtskirche Maria Linden in Ottersweier. Diese Madonnen Figur stand ursprünglich in der evangelischen Kirche von Eggenstein, bis sie Mitte des 16. Jahrhunderts nach der Reformation nach Ottersweier abgegeben wurde.

Wir sind gar nicht so weit von zu Hause weg aber was wir gesucht haben, haben wir gefunden. Wer sich offen Menschen und Landschaften nähert wird Herzlichkeit und Freundschaft ernten. So sind die Schwarzwälder. Jetzt sind sie auch modern geworden und haben einen Nationalpark. Deswegen sind wir gekommen. Noch steckt der in den Anfängen aber er ist auf einem guten Weg. Die Artenvielfalt an Pflanzen und Tieren wird in 30-50 Jahren noch viel größer sein als heute. Beim Lotharpfad kann man erahnen, wie es später einmal aussehen kann. Fünfzehn verschiedene Tagfalter innerhalb einer halben Stunde haben wir am Panoramaweg beobachtet. Das spricht für den Nationalpark.

Die Ortenau ist natürlich auch bekannt für Wein- und Obstanbau. Ob Bühl, Achern, Kappelrodeck , Oberkirch und anderswo, überall findet man Wochenmärkte, auf denen man das tolle Obst frisch bekommen kann. Jetzt Anfang August gibt es Zwetschgen, Pfirsiche, Mirabellen, Waldheidelbeeren und späte Erdbeeren. Eine Vitaminbombe jagt die andere.

Der glühenden Sommerhitze in diesem Jahr entflieht man am besten mit einer Wanderung bei den Allerheiligen Wasserfällen oder beim Karlsruher Grat. Auch der Waldlehrpfad oberhalb von Kappelrodeck ist gehenswert, auch wenn die Texte der in die Jahre gekommenen Hinweistafeln etwas altbacken wirken und die Schilder zum größten Teil zerfallen sind. Hier sollte der „Nationalpark Gedanke“ aufgenommen und die Beschilderung erneuert werden.

Die Orte und Städtchen sind alle samt blumig heraus geputzt und laden ein zum Flanieren. Überall gibt es Einkehrmöglichkeiten, wo man die leckere heimische Küche kosten kann. Man kann hier wirklich schöne Tage verbringen. Wer die aktuelle örtliche Tagespresse verfolgt findet Ähnlichkeiten mit den Gegebenheiten zu Hause. Was auffällt ist, dass auch in dieser Region die Asyldebatte das hervor ragende Thema ist. Informationsabende für die Bevölkerung, Zustrom, Wohnungsfindung, … Ein Kapitel, das wirklich jeden angeht.

Ralf Schreck – Ortenau und Schwarzwald Freund

 

 

Alarm im Hardtwald

Zu Besuch bei Vinca

Vorsicht! Aufgepasst! Hundsgiftgewächse im Hardtwald entdeckt! Halt, stopp, was sich dramatisch anhört, ist nur halb so wild. Wer unseren Grillplatz im Hardtwald an der Linkenheimer Allee, in der Nähe des Gartencenters kennt, der hat diese Pflanze schon einmal gesehen. Es ist das blau blühende Kleine Immergrün, Vinca minor, ein immergrüner Zwergstrauch, den wir gerne in unsere Gärten pflanzen. Im Bereich zwischen Allee und Grillplatz gibt es eine größere Fläche mit dieser geschichtsträchtigen Pflanze, denn sie tritt in Süddeutschland erst seit der Römerzeit auf. Sie gilt als Kulturrelikt und zeigt oft die Lage ehemaliger Burgen und Siedlungen an. In dieser Umgebung verlief eine Römer Straße, deren Reste bei Friedrichstal als etwa zwei Meter hoher Damm zu erkennen sind (oder waren?). Vielleicht hat ein Römer einst dort gelagert und einen Setzling gepflanzt? Oder war es vielleicht nur ein ausgeleerter Blumenkasten eines Gartencenter Kunden? Die Römerversion würde mir besser gefallen.

Es gibt eine weitere Besonderheit am Vinca. Sie gehört zur Familie der Apocynaceae, der Hundsgiftgewächse. Die meisten Vertreter dieser Gattung gibt es nur in den Tropen und Subtropen. In Deutschland kommen davon nur das Immergrün und die Schwalbenwurz vor. Eine Verwandte der Vinca ist eine schöne Pflanze, die seit einigen Jahren unser Sommerblumensortiment bereichert. Es ist die uns wohl bekannte Mandevilla oder Dipladenia.

Beim Grillplatz gab es ein Arbeitslager des Reichsarbeitsdienstes. „Leo Berger“ – RAD-Abt. 2/275 wurde es genannt. Es war eines von vier Lagern in der Gemarkung von Eggenstein und Leopoldshafen. Die dort untergebrachten Männer gruben den benachbarten Pfinzentlastungskanal in Handschachtung aus. Der Kanal verläuft zwischen Grötzingen und Leopoldshafen, ist 15,6 km lang und leitet Hochwasser der Pfinz in den Rhein. Im Heimatmuseum Leopoldshafen gibt es einige Bilder vom RAD. Hinter der Grillhütte kann man noch die Fundamente des einstigen Lagers erkennen.

Ein geschichtsträchtiger Ort ist unser Grillplatz. Es gab auch einige Jahre eine Erdölförderung in der Nähe. Als Kind habe ich die Pferdekopfpumpe, die das schwarze Gold aus der Tiefe förderte noch gut in Erinnerung. Das Immergrün ist mittlerweile eingebürgert und ist wertvoller Nektarlieferant für die ersten Wildbienen und zahlreiche Hummeln. Im Wald kann man Buntspecht und im freien Feld den Turmfalk beobachten.

Ralf Schreck – Vinca Freund

 

 

Ginster und Warzenbeißer

Ginster und Warzenbeißer – Die Trockenwiese beim Sportplatzweg am Hardtwald

Es ist ein unscheinbares Kleinod. Auf den ersten Blick sieht die Wiese ziemlich „mau“ aus. Wer sich die Mühe macht und im Jahresverlauf regelmäßig vorbei kommt, kann allerlei Pflanzen und Tiere entdecken. Ausgerüstet mit Campingstuhl, Kamera und Stativ, begeht man einen der Trampelpfade und setzt sich an eine Stelle, an der es blühende Pflanzen gibt. Zurzeit sind es die Nachtkerzen, die hervor ragen. Das wache Auge entdeckt bald weitere Pflanzen. Johanniskraut und Greiskraut sind im Juli ebenfalls zu sehen. Viele Gräser und die auffälligen Samenstände des Hasenklees, die wie kleine Bürsten aussehen.

Die Hochblüte der Trockenwiese liegt im Frühling. Aber auch dann muss man sich bücken, um die kleinen Schönheiten zu entdecken. Ackerstiefmütterchen, Reiherschnabel, Glockenblume, Wolfsmilch, Ackervergissmeinnicht, Habichtskraut, Ackerwinde und sehr viele Gräser, um nur die auffälligsten zu nennen. In dieser Zeit leuchtet die Wiese in einem rötlich braunen Ton. Das sind die Blüten des Kleinen Sauerampfers. Eine unerwartete Vielfalt an Pflanzen, die jedoch ein Kennzeichen eines jeden Trockenstandortes ist. Je magerer der Untergrund, desto größer ist die Artenvielfalt an Pflanzen und den davon profitierenden Tieren. Zahlreiche Insekten, wie Wildbienen, Schmetterlinge, Fliegen, Käfer und Heuschrecken lassen sich beobachten. Mit Geduld und Glück kann man auch den Warzenbeißer entdecken. Er trägt einen für Heuschrecken eher seltsamen Namen. Auf Grund seiner ätzenden Verdauungssäfte ließ man früher das Tier in Warzen beißen und erhoffte sich dadurch eine heilende Wirkung.

Ein Highlight gibt es im April, wenn Cytisus am Waldrand erscheint. Unser gelb blühender Besenginster bringt dann den Waldrand zum Leuchten. Zahlreiche Hummeln laben sich dann am Nektar und Blütenstaub. Vielfalt am Waldrand, Vielfalt in der Trockenwiese. Jetzt wurde ein Bereich der Wiese umgebrochen und neu eingesät. Aus ökologischer Sicht ist das nicht nachvollziehbar. Ein funktionierendes Biotop wird zerstört und mit einer landwirtschaftlichen Pflanzenmischung neu eingesät? Dem Warzenbeißer wird das nicht gefallen, denn er benötigt ungestörte Biotope. Auch die zahlreichen Hundehaufen gehören nicht dorthin, denn jeder Nährstoffeintrag beeinflusst die Artenvielfalt negativ.

Es lohnt sich auch einen Abstecher zur Grillhütte zu machen (vom Sportplatz aus, die Linkenheimer Allee Richtung Gartencenter gehen), denn dort kann man die Vinca besuchen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Ralf Schreck – Schrecken Freund

 

 

 

Neues vom Baggersee

Am Baggersee um sechs in der Früh
Es war auch noch Sonntag aber jetzt im Sommer ist es ja früh hell … Und dann am neuen Strand am Baggersee Fuchs & Groß bei einem lauen Lüftchen bei 18 Grad. Eine schöne Morgenstimmung und kaum Schnaken. Das hätte ich nicht erwartet. Am Ufer sind zahlreiche Wasservögel versammelt, die sich der Gefieder Pflege widmen. Ein Schwanenpaar bewacht aufmerksam seinen einzigen dösenden Gössel. Kanadagänse grasen den Rasen ab, die einfallenden Nilgänse bringen wie üblich Unruhe in die Idylle, indem sie sich gegenseitig angackern und vertreiben. Am Schilfrand, keine zehn Meter entfernt, jagt ein Haubentaucher seinem Frühstück hinterher. Auch ein Zwergtaucherpärchen ist zu beobachten.
Auf den ersten Blick ist der Strand sauber. Es gibt jetzt keine Hundehaufen mehr. Die aufgestellten Schilder zeigen Wirkung. Dafür findet man zahllose Zigarettenkippen am Boden. Es wurden Mülleimer aufgestellt. Viele Mülleimer! Aber vielleicht doch nicht in Reichweite? Ein älterer Herr mit Fahrrad fiel mir auf. Mit Tüten und Taschen beladen patroulliert er in seinem Revier und sammelt verwertbaren Abfall um sechs in der Frühe. Um seiner Tätigkeit eine offizielle Note zu verleihen, trägt er eine orange Warnweste. Vorbei joggende Sportler machen einen Bogen um Gans und Schwan, um die Lage nicht zu stören. Hier wird Rücksicht geübt. Am Waldrand steht ein Zelt mit schnarchenden Insassen und allerlei Hausrat davor. In der Nacht gab es ein offenes Feuer. Eigentlich ist zelten und Lagerfeuer dort am Baggersee nicht erlaubt. Wir haben hohe Tagestemperaturen und trockenes Geäst im Umfeld. Wie schnell kann durch Funkenflug ein Feuer entstehen?
Es hat sich gelohnt so früh zum Baggersee zu gehen. Diese eine frühe Stunde draußen in unserer Natur war sehr beschaulich. Mittlerweile hat auch der Schichtwechsel am Strand stattgefunden. Die Wasservögel sind weiter gezogen, als die ersten Badegäste angekommen sind. Vielleicht organisieren sich die Badenden und sammeln die Kippen ein, bevor sie sich nieder lassen? Muss ich Kippen akzeptieren? Immerhin sind die schneller entsorgt als Hundehaufen oder müssen wir noch ein Schild aufstellen das besagt, dass Raucher von Mai bis September nicht in Bade- und Liegezonen mitgebracht werden?
Ralf Schreck – Baggersee Freund

 

 

Der schwarze Ordner

Der schwarze Ordner – Mein Onkel Paul

Erst spät habe ich ihn kennen gelernt. Erst als ich den schwarzen Ordner von meinem Vater bekommen habe. Und das ist noch gar nicht lange her. Darin befinden sich Briefe, Dokumente und Fotos von Paul. Zwischen den Zeilen liest man Verzweiflung, Trauer, Leid und Ratlosigkeit. Schlagartig bekam ich ein anderes Bild von unserer Familie. Eigentlich war ich gerne bei meinen Großeltern, bei Oma Rosa und Opa Franz in Dittigheim. Die andere Oma, Ottilie und der andere Opa, Franz, lebten auch dort. Wir verbrachten als Kinder die Sommerferien dort. Gewohnt haben wir bei Otti und Franz und Rosa und Franz haben wir besucht. Es waren kurze Besuche aber besondere, weil sie schön waren. Wir wurden gemocht, das spürten mein Bruder und ich. Wir spürten aber auch eine Bedrücktheit, eine Art Trauer. Als Kind habe ich das nie verstanden. Es wurde nie über Paul gesprochen aber er war immer präsent. Und jetzt las ich im Ordner über Paul.

Name : S c h r e c k Paul

Geburtsort : Dittigheim, Lauda-Land-Baden

Geburtstag : 27.6.1925

Dienstgrad : Panzergrenadier

Feldpostnummer : 57 499 C (Einige Tage vorher noch 047 22 E (Panzereinheit) .

Letzter Kampfort : Kirowograd

Letzte Post : 2. Januar 1944

Vermisst seit : 9.I.1944 bei Kirowograd.

Vermisst. Aus den Unterlagen geht hervor, dass mein Opa Franz alles versucht hat das Schicksal von Paul aufzuklären. Suchanfragen wurden gestartet, zahllose Behörden wurden konsultiert. Kriegsheimkehrer wurden ausfindig gemacht und befragt. Vom Soldaten Hofmann, der Pauls Kamerad war, gibt es einen Brief, in welchem sein letzter Kampfeinsatz beschrieben ist …

Das soll es gewesen sein? Aus dem blühenden Leben gerissen? Verheizt in einem sinnlosen Krieg? Heimat? Das bedrückt mich, wenn ich darüber nachdenke und stimmt mich ratlos.

Paul wurde nie gefunden. Das ist bitter. Es gibt kein Grab, an dem man Abschied nehmen konnte. Eltern geben ihre Kinder nicht auf. Das hat mich an meinem Opa Franz beeindruckt, das habe ich verstanden. Was ich nie verstanden habe ist, dass sich Paul freiwillig zum Kriegseinsatz gemeldet hat. Er war bei der Panzertruppe der Wehrmacht. Das erkennt man an den Totenkopfabzeichen seiner Uniform auf einem Foto. Diese Totenköpfe waren ein Traditionsabzeichen der Kavallerie. Was hat ihn bewogen zu tun was er getan hat? Hat er sich von der Nazi Zeit blenden lassen? Wie hätte ich mich verhalten? Paul wurde noch nicht einmal 19 Jahre alt. Das Schlimme dabei ist, dass Paul kein Einzelfall ist. Ähnliche Schicksale gab es in zahllosen anderen Familien. Das dürfen wir nie vergessen. Ich bin dankbar dafür, dass ich in einer Demokratie aufwachsen konnte. Meine beiden Söhne können das auch und beide sind schon älter als 19. Deshalb werde ich dafür sorgen, dass Paul nicht vergessen wird.

Für Paul – nie wieder Braun, nie wieder Krieg

Die Kastanie beim Reitplatz

Die Kastanie beim Reitplatz

Viele Kinder kennen Kastanien. Spätestens im Herbst, wenn die schönen braunen Früchte zum Sammeln einladen ist man gerne draußen. Wer hat noch nicht aus den Kastanien allerlei Tiere gebastelt? Man braucht einen Holzbohrer, Streichhölzer und ein bisschen Fantasie. So entstehen Löwen, Käfer, Schmetterlinge und viele andere Tiere. Mein Bruder Thomas und ich haben das auch gemacht. 1963 habe ich eine Kastanie in unseren Sandkasten vergraben und im nächsten Jahr ist ein kleiner Baum daraus gewachsen. Im folgenden Jahr war er bereits zwei Meter hoch und es war klar, dass er dort nicht bleiben konnte.

Damals war mein Papa Schatzmeister beim Reiterverein und es bot sich eine Möglichkeit, „meine Kastanie“ dorthin umzusiedeln. Herr Vollweiter kam vorbei und versuchte den jungen Baum dem Sandkasten zu entreißen. Das war mir gar nicht recht, denn damals wusste ich nicht, dass man Bäume umpflanzen kann. 1965 wurde das Bäumchen neben die Reithalle gepflanzt. Mittlerweile ist es ein stattlicher Baum, hat eine Verzweigung mit vier Stämmen und „gehört“ jetzt jedem, der darunter steht. Dort passt Aesculus hippocastanum sehr gut hin, heißt sie doch auf Deutsch Rosskastanie. In der Blütezeit kann man Hummel Königinnen beobachten, die gierig Nektar und Pollen für ihre Brut sammeln. Solange die Blüten befruchtungsfähig sind, das erkennt man am gelben Fleck in der Blüte, enthält der Nektar bis zu 70 Prozent Zucker. Sind die Blüten befruchtet, wird der Fleck rot und die Quelle versiegt.

Bei den Reiterfesten früher war das halbe Dorf anwesend. Es wurden sogar an den Zufahrtstrassen „Mautstellen“ eingerichtet und mein Bruder und ich waren als Kassierer für den Eintritt eingesetzt. Heute sind die Besucherströme überschaubar. Eigentlich schade, denn es gibt viel Interessantes zu sehen. Das Reiterfest 2013 ging wohl als Seepferdfest in die Geschichte ein. Auch die jährliche herbstliche Schleppjagd ist ein Ereignis für Pferdefreunde. Reiten hätte ich lernen können aber mir waren damals schon die Pferde zu hoch. Dafür finde ich es toll, dass in den Ställen Rauchschwalben nisten. Dort finden sie alles was sie brauchen. Wasserpfützen, Stroh, Lehm und eben Ställe.

Die Kastanie wurde Mitte des 16. Jahrhunderts von der Balkanhalbinsel zu uns mitgebracht. Heute gilt sie als heimisch, integriert sozusagen.

Ralf Schreck – Pferde-, Schwalben- und Kastanienfreund

Fotos von Ralf und Lukas Schreck

 

Pamina in Eggenstein-Leopoldshafen

Pamina in Eggenstein-Leopoldshafen

Der EURODISTRICT REGIO PAMINA ist ein kommunaler deutsch-französischer Zweckverband, welcher die drei Teilräume Südpfalz, Baden und Elsass umfasst. Der Name Pamina ist ein Kunstwort und setzt sich zusammen aus Palatinat (Pfalz), Mittlerer Oberrhein und Nord Alsace (Nordelsass). Der Verband ist eine Europaregion. Soviel zur Definition. Eigentlich klingt das langweilig aber unsere Region gehört auch zum Pamina Raum. Neugierig geworden? Ausgangspunkt für eine interessante Pamina Entdeckungstour ist die Schautafel im Bürgerpark in Leopoldshafen bei der hölzernen Brücke am Pfinzkanal . Es gibt zwei Radtouren und einen Wanderweg. Für jeden ist etwas dabei.

Was diese Wanderwege besonders interessant macht ist, dass sie von Ehrenamtlichen der Agenda Gruppe Ortsgeschichte ausgewählt wurden. Hier wurde wertvolles Wissen einheimischer Bürger gebündelt und der Bevölkerung zugänglich gemacht. Die Besonderheiten dieser Kultur- und Naturlandschaft wurden auf informativen Schildern dargestellt. Der interessierte Radler und Wanderer kann an den einzelnen Stationen inne halten und sich über Natur, Kultur und Geschichte informieren und unsere Heimat besser kennen lernen.

Wer sich dann noch genauer informieren will, kommt am Heimatmuseum Leopoldshafen nicht vorbei. Es beteiligt sich regelmäßig an den Pamina Veranstaltungen mit Vorträgen, geführten Radtouren, Filmvorführungen und vielem mehr. Auch diese Aktionen werden wieder von ehrenamtlich engagierten Bürgern geleistet. Und wer diese schon einmal erlebt hat, weiß, dass alles sehr interessant dargeboten wird, weil es mit Herzblut und Leidenschaft gemacht wird.

Auf den Pamina Wegen gibt es eine reiche Pflanzen- und Tierwelt zu entdecken. Auch Laien können das. Man muss nur beobachten können. Beinwell, Buschwindröschen, Scharbockskraut, Schlüsselblumen, Salbei, Thymian und Bärlauch. Viel Bärlauch. Wer in der Frühe oder in der Dämmerung raus geht und sich ruhig verhält sieht auch den Fasan und das Reh. Wenn Lukas dabei ist, ist das immer so. Und er schafft es auch sie lebensecht abzubilden. Und wer hinhört, also ohne Ohrstöpsel raus geht, hört den Kuckuck und das Flöten des Pirols. In Echtzeit.

Lust bekommen? Dann raus zu den Pamina Wegen und Natur, Kultur und Geschichte entdecken. Schon mal was von den Auenpfaden gehört? Mindestens genauso interessant aber das ist eine andere Geschichte.

Ralf und Lukas Schreck – Pamina Freunde

 

 

 

 

 

Kulturen am Ortsrand

Kulturen am Ortsrand

18.00 Uhr Eröffnung des Kunstmarktes des Kulturvereins Eggenstein-Leopoldshafen in der Rheinhalle. Am Ortsrand. Eine schöne Atmosphäre. Man kennt sich. Kunst, Kultur, Musik. Eine schöne Ansprache. Schöne Bilder, schöne Objekte, schöne Dinge. Interessierte Menschen. Sektempfang und Häppchen.

Wir Fotografen schauen weit. Deshalb fielen mir gegenüber der Straße die Metallbögen der Folientunnel der benachbarten Gärtnerei auf. Das sah nach einem lohnenden Motiv aus. Zahlreiche Arbeiter waren damit beschäftigt diese Metallkonstruktion zu errichten. Gartenbaukultur am Ortsrand.

Und dann stand ich am Containerdorf. Am Ortsrand. Dort sah ich die große Parabolantenne vor den Containern. Das ist die Verbindung zur Heimat, denn dort wohnen Menschen aus fremden Kulturen. Ich wollte nicht auffallen und niemanden belästigen. Als ich stehen blieb kam Alexander aus Usbekistan heraus. Er wollte ein Foto haben. Gesagt, getan. Aber ich wollte auch mit drauf. Der erste Kontakt.

Die Folientunnelbauer sind Gastarbeiter und kommen aus Polen, Rumänien. Sie haben es geschafft. Sie sind integriert. Heidelbeersträucher werden dort kultiviert. Heidelbeeren für unseren Nachtisch.

So viele unterschiedliche Kulturen am Ortsrand. Ob es wohl auch andere Kulturfreunde aus der Rheinhalle über die Straße wagen?

Alexander war betrunken. Ob ich Angst hatte? Nein, es war mehr Betroffenheit und Hilflosigkeit. Unser Gemeindemotto lautet „Wohlfühlen in Vielfalt“. Dort am Containerdorf kann ich das nicht nach empfinden. Hier stoße ich an meine Grenzen. Hier bin ich ratlos. Was ich aber niemals machen würde, wäre eine Beteiligung an einer Unterschriftenaktion gegen eine Unterkunft für asylsuchende Menschen. Das finde ich einfach nur schäbig.

Auch nach Heidelbeernachtisch war mir nicht zu Mute.

Ralf Schreck – Kultur Freund